Boyhood

Boyhood

Der Spielfilm von Richard Linklater zeigt das Leben eines Jungen von seiner Einschulung bis zum Eintritt ins Erwachsenenleben.

05.06.2014

Von Klaus-Peter Eichele

27.08.2015 Jetzt im Kino: Zwölf Jahre im Leben eines Jungen - Richard Linklaters "Boyhood"
01:29 min
Jetzt im Kino: Zwölf Jahre im Leben eines Jungen - Richard Linklaters "Boyhood" --

Eltern, wie die Zeit vergeht! Kaum hat der Junge den ersten Schultag hinter sich, ist er schon aus dem Haus und auf dem Weg an die Uni. Auch in Richard Linklaters meisterlichem „Boyhood? vergehen die auf immerhin 160 Filmminuten komprimierten zwölf Jahre zwischen Einschulung und Eintritt ins Erwachsenenleben wie im Flug.

Im Mittelpunkt des Films steht der eingangs sechsjährige Mason. Der verträumte Junge lebt mit seiner zwei älteren Schwester und seiner allein erziehenden Mutter Olivia (Patricia Arquette) in geordnet bescheidenen Verhältnissen. Der Vater (Ethan Hawke), ein selbst noch kindsköpfiger Möchtegern-Musiker, taucht nur alle paar Wochen mal auf, um sich vor den Kids als Kumpel zu gerieren. Olivia versucht unter großen Anstrengungen, den Uni-Abschluss nachzuholen, was für einigen Stress in der Familie sorgt. Zudem hat sie ein Händchen dafür, an die falschen Männer zu geraten. In einer der schönsten Szenen sieht man Mason misstrauisch das Gesicht verziehen, als sich seine Mutter im Hörsaal von ihrem Professor einwickeln lässt. Tatsächlich entpuppt sich der Charmeur, den sie kurz darauf heiratet, als zynischer Säufer, der Olivias und seine eigenen Kinder mit Psychoterror traktiert.

Das ist aber auch schon die einzige wirklich dramatische Episode des Films. Im übrigen vertraut Linklater unspektakulärem Alltag, wie ihn so ähnlich jeder aus seiner Kindheit und Jugend kennt. Mason laviert sich mal besser, mal schlechter durch die Schulzeit, macht erste Erfahrungen mit Alkohol und Mädchen, wird gemobbt und für sein fotografisches Talent bewundert, bekommt Pickel und zum 15. Geburtstag ? wir befinden uns in Texas - eine Bibel und eine Flinte. Die meisten Situationen werden bloß beiläufig angerissen. Freunde und Feinde, die erste Liebe und der erste Liebeskummer, verschwinden so unvermittelt wie sie aufgetaucht sind ? wie im richtigen Teenie-Leben eben.

Gerade dieses Vertrauen ins Gewöhnliche verleiht dem Film eine immense Aufrichtigkeit. Denn es sind nun mal nicht ein, zwei Schlüsselereignisse, die einen Menschen formen, sondern Hunderte kleiner und kleinster Begebenheiten. Seine spezielle Authentizität gewinnt „Boyhood? allerdings dadurch, dass er tatsächlich über einen Zeitraum von zwölf Jahren mit den gleichen und entsprechend alternden Schauspielern gedreht wurde. Jeden Sommer entstand ein Fragment, die der mit Langzeit-Projekten („Before Sunrise / Sunset / Midnight?) vertraute Regisseur zu einer bruchlos fließenden Collage montiert hat. Dass man somit nicht nur einer Filmfigur, sondern einem echten Menschen beim Erwachsenwerden zuschaut, macht „Boyhood? zu einer einzigartig intensiven Erfahrung.

Wozu Herdprämie? Dieser Film liefert den besseren Anreiz, ein Kind in die Welt zu setzen.

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Erstellt:
05.06.2014, 12:00 Uhr
Aktualisiert:
18.02.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 18sec
zuletzt aktualisiert: 18.02.2015, 12:00 Uhr

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Tori Fan 20.06.201412:00 Uhr

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