Bolzplatz

Blutgrätsche

Leserbrief zur Tübinger Bolzplatz-Diskussion.

05.08.2016

Von Friedemann Schmoll

In der Tat besaß die städtische Manier, den letztverbliebenen Tübinger Bolzplatz hinterm Freibad über Nacht hinter Gitter zu bringen und platt zu machen, etwas von einer höchst unfeinen Blutgrätsche.

Es wäre eine leidliche Verkennung, in dem Rumpel-Rasen nur ein ungeliebtes Rechteck öffentliches Grün zu verstehen, das stiefmütterlich vernachlässigt werden könnte. Tatsächlich handelte sich um ein wunderbares Soziotop, auf dem jenseits von Vereinsstatuten und institutioneller Barrieren Woche für Woche unzählige Leute zusammenkommen konnten, um im sportlichen Gegeneinander ein soziales Miteinander zu pflegen.

Unabhängig von Herkunft und Zugehörigkeit fanden hier Menschen in freien Fußballgruppen zueinander, deren Lauf- und Lebenswege sich sonst unter Garantie nicht gekreuzt hätten – Alte und Junge, Männer und Frauen, Einheimische und Neuankömmlinge, Schwaben und Nicht-Schwaben, Dicke und Dünne, sportlich Ehrgeizige und weniger Leistungswillige. Nicht in Interessensverbänden organisiert, sondern einfach so und sehr, sehr bunt.

Solche freien Plätze stehen einem Gemeinwesen gut an. Hier kann mitunter von unten wie von selbst gedeihen, was sonst mühsam über Projekte, Events und Initiativen von oben künstlich beatmet werden muss. Das sollte auch künftig so bleiben.

Friedemann Schmoll, Tübingen