Olympia-Starter aus der Region

Bilanz aus Tokio: Einmal Gold, viel Frust

Am Sonntag gehen die Olympischen Spiele 2020 zu Ende. Aus den Kreisen Tübingen und Reutlingen waren einige Athletinnen und Athleten dabei – Ergebnisse, Stimmen, Resümees.

07.08.2021

Von ST

Um vier Hundertstelsekunden geschlagen: Gregor Traber von der LAV Stadtwerke Tübingen (rechts) im olympischen Vorlauf über 110 Meter Hürden hinter dem Polen Damian Czykier. Bild: picture alliance/dpa/Oliver Weiken

Um vier Hundertstelsekunden geschlagen: Gregor Traber von der LAV Stadtwerke Tübingen (rechts) im olympischen Vorlauf über 110 Meter Hürden hinter dem Polen Damian Czykier. Bild: picture alliance/dpa/Oliver Weiken

Wohl noch nie war eine Vorbereitung auf Olympische Spiele so kompliziert wie in diesem Jahr. Schließlich sorgte die Corona-Pandemie für eine Verschiebung des Großereignisses in Japan, auf das sich viele Sportlerinnen und Sportler über Jahre vorbereitet haben. Für manche endete es mit dem größten Sieg der Karriere, für andere mit einer herben Enttäuschung.

Franziska Brauße

Bahnradsport · Eningen unter Achalm

Am Sonntag (16 Uhr) wird die 22-Jährige in ihrem Heimatort Eningen feierlich empfangen. Kein Wunder: Im Izu-Velodrome zündete die Radsportlerin mit Lisa Brennauer, Lisa Klein und Mieke Kröger den Turbo und gewann die Mannschaftsverfolgung über vier Kilometer in beeindruckender Manier. In der Königsdisziplin des Bahnradsports pulverisierte das Quartett mehrmals den Weltrekord und stellte im Finale gegen Großbritannien mit 4:04,249 Minuten eine neue Bestmarke auf. „Wir haben mit einer Medaille spekuliert“, sagte Brauße nach dem Triumph im ZDF. Nach der Qualifikation, in der die Deutschen bereits eine Weltrekord-Zeit fuhren, seien sie erstaunt gewesen, dass die anderen Teams auf der schnellen sibirischen Fichte nicht an die Zeiten herankamen. „Dann wollten wir unbedingt diese Goldmedaille und dadurch sind wir immer schneller geworden.“

Beim zweiten Start in Tokio fuhr die Athletin des RSV Öschelbronn mit Lisa Klein im Madison auf Rang 12 – ihr Edelmetall hatte sie da aber längst sicher. Zu diesem trug übrigens auch Know-how aus der Region bei: Die Reutlinger Firma 3D-Laserdruck lieferte dem deutschem Bahnrad-Team das Verbindungsstück zwischen Rahmen und Lenker.

Hier gibt es das Gold-Rennen im Re-Live. Außerdem besuchte das Quartett nach dem Sieg das ZDF-Studio zum Interview.

Kim Bui

Turnen · Tübingen/Ehningen

Die 32-jährige gebürtige Tübingerin erreichte bei ihren dritten Spielen in Tokio ihr erstes olympisches Mehrkampffinale und beendete dieses mit 52,998 Punkten auf Platz 17. Sie sei „einfach glücklich und stolz“, erklärte Bui, die für den MTV Stuttgart startet und vor allem bei der TSG Tübingen Spuren hinterlassen hat. „Sie betont immer und überall, dass sie aus Tübingen stamme“, berichtete TSG-Turnikone Hans Klett jüngst bei der TSG-Hauptversammlung. Im Mannschaftswettbewerb hatte das deutsche Team mit Bui nach zwei Fehlern am Balken den Finaleinzug verpasst und belegte Rang 9.

Elena Burkard

Leichtathletik · Tübingen/Freudenstadt

„Ich weiß, dass ich alles gegebenen habe, aber auch, dass ich am Anfang nicht so klug gelaufen bin, ein bisschen viel Kamikaze gemacht hab“, sagte die für die LG Farbtex Nordschwarzwald startende Tübinger Studentin nach ihrem Vorlauf über 3000 Meter Hindernis. Mit 9:30,64 Minuten fehlten der deutschen Vizemeisterin auf Platz 17 etwas mehr als vier Sekunden zum Finaleinzug. „Ich hätte mir schon das Finale gewünscht. Auf der anderen Seite hat mich die Hitze schon sehr geschlaucht“, sagte die 29-Jährige, die ihrer Bestzeit (9:29,76) allerdings nahe gekommen ist.

Hanna Klein

Leichtathletik · Tübingen

Für die Deutsche Meisterin der LAV Stadtwerke Tübingen endete der Olympia-Auftritt früher als gedacht: In 4:14,83 Minuten blieb sie über die 1500 Meter mehr als zwölf Sekunden über ihrer Bestzeit und musste schon nach dem Vorlauf die Koffer packen. „Ich hatte keine Kraft mehr im Tank“, sagte die 28-Jährige dem Verbands-Portal www.leichtathletik.de. „Da war nichts, was nachkam.“ Sie habe sich schon beim Warmmachen „und die Tage zuvor“ nicht gut gefühlt, „die Beine gingen nicht mehr hoch“. Ihre Bestzeit (4:02,59) hätte im Finale übrigens zu Rang 11 gereicht. Weil sie sich vor den Spielen in bestechender Form zeigte, hatten einige Klein den Finaleinzug zugetraut.

Enttäuschte Hanna Klein nach ihrem Vorlauf: Schon eine Woche vorher hatte sie schlecht geschlafen. Bild: picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Enttäuschte Hanna Klein nach ihrem Vorlauf: Schon eine Woche vorher hatte sie schlecht geschlafen. Bild: picture alliance/dpa/Michael Kappeler

Katharina Maisch

Leichtathletik · Bad Urach/Bempflingen

Die Kugelstoßerin erreichte mit 17,89 Metern den 15. Platz in der Qualifikation – zu wenig für die gebürtige Uracherin, um beim Olympia-Debüt in das Finale einzuziehen. Die 24-Jährige profitierte übrigens von der Verschiebung der Spiele: Die Saison 2020 hatte sie fast komplett mit einem Ermüdungsbruch verpasst, nun konnte sie sich ihren Traum, wie sie sagte, doch noch erfüllen. Für sie dürften es auch nicht die letzten Spiele gewesen sein.

Marcel Schiller

Handball · Dettingen an der Erms

Der zweitbeste Torschütze der Handball-Bundesliga verpasste in Tokio die mögliche Medaille mit dem DHB-Team. Hielt die deutsche Mannschaft in der Vorrunde gegen den Finalisten Frankreich (29:30) und den Halbfinalisten Spanien (27:28) noch sehr gut mit, gab es im Viertelfinale das Aus gegen den Afrikameister Ägypten. Auch fünf Tore des Linksaußen von Frisch Auf Göppingen konnten die 26:31-Niederlage nicht verhindern. „Insgesamt haben wir gezeigt, was in uns steckt und haben den Gegnern alles abverlangt“, sagte der 29-Jährige. Gegen Ägypten habe man die Leistungen zuvor nicht bestätigen können. „Deshalb tut es noch mehr weh.“ Dennoch werde der Dettinger die Spiele immer in Erinnerung behalten.

Laura Siegemund

Tennis · Metzingen/Filderstadt

Für die 33-Jährige war im Einzel schon in Runde eins Schluss. Mit 3:6, 7:5 und 4:6 unterlag Siegemund der Ukrainerin Elina Svitolina, die später Bronze gewann. Im Doppel war an der Seite von Anna-Lena Friedsam ebenfalls schon das erste Spiel auch das letzte: Gegen die Russinen Elena Vesnina und Veronika Kudermetova gab es eine 2:6, 5:7-Niederlage. Die Metzingerin war mit Kevin Krawitz auch im Mixed-Wettbewerb im Einsatz, dort unterlag das Duo im Viertelfinale jedoch sang- und klanglos gegen Nina Stojanovic und Topstar Novak Djokovic (Serbien) mit 1:6, 2:6.

Zurück in Deutschland ging es für Siegemund direkt auf den OP-Tisch: „Ich habe mich nach langem Überlegen und nach vielen konservativen Methoden über die letzten Monate dazu entschlossen, mein Knie nochmal operieren zu lassen.“ Die Operation sei gut verlaufen. 2017 war sie in der Form ihres Lebens, als sie sich einen Kreuzbandriss zugezogen hatte. Ein Jahr zuvor war sie bei Olympia in Rio noch ins Einzel-Viertelfinale gekommen.

Julia Sude

Beachvolleyball · Tübingen/Friedrichshafen

Die Zahnmedizinstudentin der Uni Tübingen feierte mit 33 Jahren an der Seite von Karla Borger ihre olympische Premiere (Sude: „Ein Kindheitstraum wird wahr“). Diese missglückte der dreifachen deutschen Meisterin allerdings: Gegen die späteren Bronze-Gewinnerinnen Verge-Depre/Heinrich (Schweiz) gab es zum Auftakt eine Dreisatz-Niederlage, den Kanadierinnen Pavan/Humana-Paredes unterlag das deutsche Duo in zwei Sätzen. Eine Zweisatz-Niederlage gegen Schoon/Stam (Niederlande) besiegelte das Vorrundenaus. „Wir hatten eine starke Gruppe, haben drei Mal verloren und es ist megaenttäuschend, dass wir nicht wenigstens ein Spiel gewinnen konnten“, sagte Sude der dpa.

Gregor Traber

Leichtathletik · Tübingen

Ein etwas verkorkstes Jahr für den 28-Jährigen der LAV Stadtwerke: Bei den Deutschen Meisterschaften leistete er sich als Topfavorit einen Frühstart und wurde disqualifiziert. In Tokio fehlten vier Hundertstel zum Einzug ins Halbfinale über die 110 Meter Hürden: 13,65 Sekunden bedeuteten Platz 5 in seinem Vorlauf – Rang 4 hätte für die nächste Runde gereicht. An der siebten Hürde hatte sich Traber einen Fehler geleistet.

„Ich habe es einfach nicht auf die Bahn gebracht“, sagte Traber, der vor den Spielen bereits eine 13,55 in dieser Saison gelaufen war und 2016 in Rio immerhin Neunter wurde. „Es ist schon ein tolles Erlebnis gewesen, hier dabei zu sein, aber aktuell überwiegt die Enttäuschung, weil ich mehr drauf habe“, erklärte der Hürdensprinter unmittelbar nach dem Rennen. Mit etwas Abstand teilte er mit: „Meine zweiten Olympischen Spiele habe ich mir definitiv anders vorgestellt“, allerdings sei er auch „dankbar, ein Jahr nach meiner Knie-OP wieder schmerzfrei Vollgas über Hürden sprinten zu können“.

Paris steht vor der Tür

Statt vier müssen die Sportlerinnen und Sportler nun nur drei Jahre auf die nächsten Olympischen Spiele warten: Am 26. Juli 2024 sollen die Spiele im Pariser Stade de France eröffnet werden, wo auch die Leichtathletik-Bewerbe ausgetragen werden sollen. Die Schlussfeier ist für den 11. August geplant. Karate, Baseball und Softball sollen in Paris – im Gegensatz zu Tokio – nicht mehr olympisch sein, dafür ist erstmals ein Bewerb im Breakdancing geplant. Statt 339 soll es dann in Frankreich nur 329 Entscheidungen geben.

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Erstellt:
07.08.2021, 16:24 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 59sec
zuletzt aktualisiert: 07.08.2021, 16:24 Uhr

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