Pandemie

Berlin verhandelt mit Moskau über den Kauf von Impfstoff

In Bayern geplante Produktion von Sputnik V könnte deutscher Impfkampagne helfen. Die EU-Kommission dagegen möchte das russische Produkt nicht bestellen.

09.04.2021

Von HAJO ZENKER

Sputnik V in der EU: Ungarn hat das Vakzin bereits zugelassen, Kisten in einem Lagerhaus des Budapester Pharmagroßhändlers Hungaropharma  Foto: Zoltan Mathe/MTI/AP/dpa

Sputnik V in der EU: Ungarn hat das Vakzin bereits zugelassen, Kisten in einem Lagerhaus des Budapester Pharmagroßhändlers Hungaropharma Foto: Zoltan Mathe/MTI/AP/dpa

Berlin. Sollen Deutsche den russischen Impfstoff Sputnik V bekommen? Die Bundesregierung will darüber mit Russland verhandeln.

Weshalb will Berlin jetzt mit Moskau reden? Die EU-Kommission hat laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärt, dass sie mit den Russen keine Verträge schließt. Deshalb „werden wir bilateral mit Russland reden“. Der Kauf mache aber nur Sinn, wenn die Dosen „in den nächsten zwei bis vier, fünf Monaten kommen“ – später gebe es genug Impfstoff.

Woher kommt die Skepsis gegenüber Sputnik V? Die liegt darin begründet, dass Russland im August 2020 den Impfstoff als weltweit erstes Corona-Vakzin zuließ, obwohl die übliche Erprobung an mehreren Tausend Menschen noch nicht stattgefunden hatte. Zunächst lagen nur Daten von gerade 76 Personen vor. Zudem ist die russische Bevölkerung sehr impfskeptisch und macht nur zögerlich vom Impfangebot Gebrauch. EU-Ratspräsident Charles Michel wirft Russland vor, den Impfstoff „für Propagandazwecke“ einzusetzen. Auch die massenhafte Produktion kam nicht recht in Schwung. Mittlerweile hat man Vereinbarungen über die Produktion mit Firmen in Frankreich, Italien, Indien, China getroffen – und Deutschland. Der russische Konzern R-Pharm will im bayerischen Werk Illertissen Sputnik herstellen. R-Pharm hat auch die EU-Zulassung beantragt.

Wann ist mit einer Zulassung zu rechnen? Die Europäische Arzneimittelbehörde (Ema) prüft diese seit Anfang März. Das kann Wochen dauern. Jens Spahn betonte am Donnerstag die Bedeutung einer EU-weiten Zulasung. Allerdings hatte er zuvor auch schon erklärt, falls das Verfahren in der EU zu lange dauere, sei notfalls eine nationale Entscheidung denkbar. Sputnik ist bisher in 59?Staaten zugelassen, darunter im EU-Land Ungarn.

Wie sehen denn die Zahlen zur Wirksamkeit aus? Nach einer in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlichten Studie schützt das Vakzin zu mehr als 90 Prozent vor einer Erkrankung. Damit hätte Sputnik V eine sehr hohe Wirksamkeit wie Biontech und Moderna und wäre besser als Astrazeneca. Für den Chef der Ständigen Impfkommission, Thomas Mertens, sehen die Daten „sehr gut aus“. Auch SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hält die Wirksamkeit für hoch, die angegebene Zahl von Nebenwirkungen aber für „unrealistisch niedrig“. Das jedoch lasse sich klären.

Wie ist die Stimmung in Deutschland? Nachdem sich bereits vor Tagen mehrere Ministerpräsidenten von CSU bis Linkspartei für Sputnik stark gemacht hatten, unterzeichnete am Mittwoch Bayern einen Vorvertrag über 2,5 Millionen Dosen, Mecklenburg-Vorpommern zog am Donnerstag mit einer Option auf eine Million Dosen nach. Hajo Zenker

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Erstellt:
09.04.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 13sec
zuletzt aktualisiert: 09.04.2021, 06:00 Uhr

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