Basketball-Assistenztrainer steigt beim Bundesliga-Absteiger Tübingen zum Chefcoach auf

Eine Überraschung gab es dann aber doch noch auf der außer der Reihe angesetzten Pressekonferenz der Walter Tigers Tübingen: Der scheidende Trainer Mathias Fischer war nicht mal mehr erschienen. „Er wird in den kommenden Tagen ein schriftliches Statement abgeben“, erklärte der SV 03-Vorsitzende Gunther Volck, gleichzeitig Gesellschafter der Pro Basket GmbH, man sei aber im Guten auseinandergegangen. Ende März habe sich der Beirat für Aleksandar Nadjfeji als neuen Coach ausgesprochen, sagte Volck, am 2. Mai wurde dann der Vertrag unterzeichnet – Fischers Kontrakt lief zum Saisonende aus. Der glücklose Nachfolger von Tyron McCoy bereitet sich nun mit der Nationalmannschaft als Assistent von Bundestrainer Henrik Rödl auf die WM-Qualifikation im Sommer vor.

In Vertretung des weiterhin erkrankten Managers Robert Wintermantel stellte Volck am Donnerstag den Neuen vor, der gar nicht mehr so neu ist: „Tübingen ist für mich Heimat geworden“, sagte der 41-jährige Ex-Profi Aleksandar Nadjfeji, „ich möchte mich für diese Chance beim Verein bedanken.“ 2009 heuerte der Serbe erstmals als Spieler bei den Tigers an, kehrte nach einem Intermezzo beim FC Bayern München (2010 bis 2013) zurück und war zunächst spielender Co-Trainer unter Igor Perovic. Nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn assistierte Nadjfeji zunächst unter Tyron McCoy. Nach dessen Entlassung coachte er die Tigers beim Auswärtsspiel in Bremerhaven, rückte nach Fischers Verpflichtung wieder ins zweite Glied zurück. „Hohen Respekt, wie gut die beiden zusammen gearbeitet haben“, sagte Volck. Der große Erfahrungsschatz Nadjfejis, der in seiner Karriere zahlreiche Star-Coaches von Svetislav Pesic bis Dirk Bauermann erlebte, sei ein weiteres Argument für die Entscheidung gewesen.

Nadjfeji fühlt sich mitverantwortlich für die (vereins-) historisch schwache Saison der Tigers mit nur einem einzigen Sieg. „Ich habe die Mannschaft mit Coach McCoy zusammen aufgebaut, wir waren sicher, dass es einen Schritt nach vorne geht – aber so ist Sport. Es hat einfach nicht gepasst, wir hatten keine Chemie im Team.“

Wie sieht der künftige Kader aus? Angesichts der ungewissen finanziellen Situation aufgrund der fehlenden Zusage des Hauptsponsors liegen kurzfristige Neuverpflichtungen derzeit auf Eis. Sicher ist: Nach dem Abstieg gibt es einen Umbruch in Tübingen. Von den Ausländern kommt wohl keiner zurück, auch Mathis Mönninghoff und Sid-Marlon Theis (wohl zu Jena) werden wechseln. Kandidaten für einen Neuaufbau sind Robert Zinn, Jacob Mampuya und Phillipp Heyden. Letzterer ist besonders bei den Fans beliebt. „Heyden ist ein interessanter Spieler“, sagte Nadjfeji über den Center. Und Volck fügte mit leicht süffisantem Unterton hinzu: „Vielleicht passt es da ganz gut für die Pro A.“ Aus der eigenen Jugend sollen neben Jeferson Hiller (nach seiner Knieverletzung) Matti Sorgius, Daniel Zacek und Nemanja Nadjfeji, der Sohn des neuen Coaches, aufrücken. Da in der Pro A immer zwei Deutsche auf dem Feld stehen müssen, hat die Verpflichtung deutscher Spieler Priorität. Nadjfeji: „Wir brauchen Kämpfer und gute Charaktere.“ Bei den ausländischen Spielern wird nicht nur der US-Markt, sondern auch der europäische Markt beobachtet. „Wir brauchen einen Go-to-Guy, jemand, der am Ende produziert, das hat uns letzte Saison gefehlt“, sagt Nadjfeji.

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Wer wird Assistent? „Ich mache das nicht alleine“, stellte Nadjfeji klar. Möglicherweise könnte der bisherige Kapitän Jared Jordan erste Erfahrungen als Trainer sammeln, wahrscheinlicher ist jedoch, dass NBBL-Coach David Rösch in der Bundesliga assistiert. Das Regionalliga-Team könnte dann Manu Pasios übernehmen. Noch ist diese Rochade aber nicht fix.

Wie lange läuft Nadjfejis Vertrag? Bis 2019. Der Wiederaufstieg ist Vorgabe, aber nicht um jeden Preis. Volck sprach von einem Zwei-Jahres-Plan. „Für Tübingen wird es schwer werden als kleiner Standort“, sagte der SV 03-Vorsitzende. Der neue Coach geht die Herausforderung jedenfalls motiviert an. „Meine Ziele sind immer hoch“, sagte Nadjfeji, „an erster Stelle steht die Verteidigung, dann kommt der Angriff von allein – wir wollen wieder guten Basketball spielen.“ Dann könne aus der Mannschaft, der Stadt und den Fans wieder eine Einheit werden.