Doomscrolling

Banal statt katastrophal

Als junger Mensch möchte man manchmal leugnen, zur „Generation Z“ (Jahrgänge 1997 bis 2012) zu gehören. Prinzipiell immer dann, wenn das neue Jugendwort des Jahres vorgestellt wird: An Peinlichkeit sind diese Fehltritte der deutschen Sprache oft nicht zu überbieten.

27.01.2021

Von LEA IRION

Doch manchmal bürgern sich Anglizismen ein, die gut klingen und ihren Sinn haben. Etwa „doomscrolling“, zu Deutsch „untergangsblättern“.

Haben Sie sich mal dabei erwischt, am Smartphone eine schlechte Nachricht nach der anderen zu lesen? „Doomscrolling“ beschreibt den Vorgang, in einer Tour Hiobsbotschaften zu lesen. Denn klickt man auf eine Horror-Meldung, schaufeln Algorithmen im Netz eifrig Nachschub heran – und man steckt im Teufelskreis. Der Selbsttest aber bleibt harmlos: Twitter zeigt mir einen Döner, der bezahlt und vergessen wurde und ein Video zweier Kaninchen mit Spinatblättern auf dem Kopf. Instagram: ein lauwarmes Pflaumenkompott mit Schokomüsli und Joghurt, schlimme Photoshop-Selfies und, äh, eine Avocadopflanze. Und Facebook: Boris Palmer hat sein Titelbild aktualisiert (vor drei Stunden). Boris Palmer hat sein Titelbild aktualisiert (vor einer Stunde).

Vom Doomscrolling verschont zu sein, ist das eine. Aber gibt es auch „Blödscrolling“? Je mehr ich auf irrelevante Inhalte tippe, desto mehr tauchen auf. Das Internet rät: Um davon loszukommen, sollte man sich auf eine Quelle beschränken. Ich habe also die Wahl: Spinatkaninchen, Pflaumenkompott oder Boris Palmer. Wie würden Sie entscheiden? Lea Irion