Verkehr

Die Bahn sucht dringend Personal

Mehrere tausend neue Mitarbeiter will das Unternehmen in diesem Jahr in Baden-Württemberg einstellen, hunderte beginnen ihre Ausbildung. Ein Grund: Der Ausbau wegen des Klimawandels.

19.02.2021

Von David Nau

Könnten dringend weitere Kollegen brauchen: zwei Mitarbeiter der Deutschen Bahn am Stuttgarter Hauptbahnhof. Wegen hohen Personalbedarfs startet die Bahn in diesem Jahr eine Einstellungsoffensive. Foto: Wolfram Kastl/dpa

Könnten dringend weitere Kollegen brauchen: zwei Mitarbeiter der Deutschen Bahn am Stuttgarter Hauptbahnhof. Wegen hohen Personalbedarfs startet die Bahn in diesem Jahr eine Einstellungsoffensive. Foto: Wolfram Kastl/dpa

Manuel Zabka-Melero ist es gewohnt, erklären zu müssen, was er in seinem Job eigentlich so macht. Der 18-Jährige Reutlinger ist seit zwei Jahren bei der Deutschen Bahn, wird zum Fahrdienstleiter ausgebildet. Er kennt die Reaktionen aus seinem Umfeld, wenn er erzählt, dass er bei der Bahn arbeitet. Da werde man manchmal zunächst belächelt. „Das liegt vor allem daran, weil man die Berufe gar nicht so kennt“, sagt er.

Dabei sind Menschen wie Manuel Zabka-Melero für die Bahn essentiell, denn ohne Fahrdienstleiter fährt kein Zug. In jedem Stellwerk überwacht ein Fahrdienstleiter die Zugfahrten in seinem Bereich, stellt Weichen und Signale, reagiert auf Störungen. „Wir sind für die sichere Durchführung des Bahnverkehrs zuständig“, erklärt der 18-Jährige. Allein in diesem Jahr will die Bahn in Baden-Württemberg 180 Jugendliche zum Fahrdienstleiter ausbilden. Mangelware sind auch Gleisbauer.

Aber nicht nur die fehlen. Insgesamt sucht die Bahn in Baden-Württemberg eine ganze Menge Personal: 2700 Menschen sollen in diesem Jahr im Südwesten eingestellt werden, teilt eine Bahnsprecherin auf Anfrage mit. Darunter auch 630 Auszubildende, so viele wie noch nie. Außerdem sollen 300 Lokführer eingestellt und weitere 80 ausgebildet werden.

Der große Personalbedarf liege vor allem an der Initiative „Starke Schiene“, mit der die Bahn in den kommenden Jahren stark ausgebaut werden soll, erläutert Carola Hennemann, die bei der Bahn Im Südwesten für das Recruting, also die Personalgewinnung, zuständig ist. „Der Klimawandel ist ein großes Thema für die Bahn. Für eine nachhaltige Verkehrswende müssen wir jetzt in Personal investieren.“

Auch der Ausbau des Streckennetzes macht sich bei den Einstellungen bemerkbar. „So viele Ingenieure wie aktuell haben wir noch nie gesucht“, sagt Hennemann. Auch der demografische Wandel spielt eine Rolle. In den kommenden 15 Jahren geht etwa die Hälfte aller Mitarbeiter im Südwesten in den Ruhestand.

An Bewerbungen für die Ausbildungsplätze bei der Bahn hapert es nicht. Im vergangenen Jahren bewarben sich laut Bahn bundesweit rund 90?000 Menschen auf rund 4700 Ausbildungsplätze. „Wir haben nicht zu wenige Bewerber, brauchen aber die passenden Bewerber“, sagt Hennemann. Ob junge Menschen für die Jobs bei der Bahn geeignet sind, werde derzeit mit einem Onlinetest überprüft. Die Personalwerber stellen außerdem fest: Das Image der Bahn wandelt sich, profitiert von der größeren Aufmerksamkeit für das Thema Klimaschutz. „Gerade bei jungen Menschen wird die Bahn wegen ihrer Klimafreundlichkeit sehr positiv gesehen“, sagt Hennemann.

Manuel Zabka-Melero ist froh über seine Entscheidung, zur Bahn gegangen zu sein und berichtet in einer digitalen Infoveranstaltung potenziellen neuen Kollegen von seinen Erfahrungen. Mehr als 100 Schülerinnen und Schüler haben sich zu der Konferenz Anfang Februar zugeschaltet. Sollten sie einen Ausbildungsplatz ergattern, steht die Chance auf einen Job bei der Bahn angesichts des Personalmangels wohl ganz gut: „Jeder, der die Ausbildung bei uns besteht, hat eine Übernahmegarantie im Konzern“, sagt Hennemann.

Mangelware Triebfahrzeugführer

Zu wenige Lokführer: Das Problem kennen alle Bahnunternehmen im Südwesten. Weil fehlendes Personal oft die Ursache für Zugausfälle ist, will das Land mit Abhilfe schaffen.

Gemeinsam mit DB Regio soll noch in diesem Jahr ein Personalpool an Lokführern eingerichtet werden. Zunächst sollen 30 Triebfahrzeugführer zur Verfügung stehen, die bei Bedarf von den Bahnbetreibern abgerufen werden können. Von April 2022 an sollen es dann 50 Lokführer sein.

Außerdem bildet das Land in Pilotprojekten Geflüchtete aus. 15 Teilnehmer eines ersten Kurses haben im Dezember die Ausbildung beendet. Seit Anfang Februar bildet die DB für die Stuttgarter S-Bahn weitere 16 Geflüchtete aus.