Tübingen · Kriminalität

Auto angezündet: Die TOS spricht von geplantem Anschlag

In der Nacht zum Freitag zündeten Unbekannte einen Ford Transit der TOS-Gemeinde an. Das Gebäude wurde mit Farbe beschmiert.

28.12.2019

Von Jonas Bleeser

Der Ford Transit der TOS-Gemeinde brennt auf dem Parkplatz vor dem Gemeindezentrum in Tübingen. Bild: TOS

Der Ford Transit der TOS-Gemeinde brennt auf dem Parkplatz vor dem Gemeindezentrum in Tübingen. Bild: TOS

In der Nacht zum Freitag hörte ein Mitglied der TOS-Gemeinde um 2.22 Uhr einen lauten Knall: Vor dem religiösen Zentrum in der Tübinger Eisenbahnstraße stand ein neuwertiger Ford Transit der Freikirche in Flammen. Ein Reifen war durch die Hitze geplatzt. Um diese Zeit befanden sich nach Angaben von Heinz Reuss vom Pastoral-Team der TOS mehrere Menschen im Gebäude: „Wir haben ein ständiges Gebet, da ist immer jemand da.“ In Schichten beten dabei rund um die Uhr zwei Gemeindemitglieder. Die liefen nach draußen auf den Parkplatz und alarmierten die Feuerwehr.

Farbe aufs Gebäude gespritzt

Die rückte an und löschte das Fahrzeug, das aber nicht mehr zu retten war. Verletzt wurde niemand. Den Schaden beziffert die Polizei auf rund 40.000 Euro. Die Gemeindemitglieder stellten noch eine weitere Sachbeschädigung fest: Der Eingangsbereich des Gebäudes war großflächig mit lila Farbe bespritzt worden. Dort hielt sich der Schaden aber in Grenzen: Die unbekannten Täter hatten Dispersionsfarbe verwendet, die sich relativ leicht abwaschen ließ. Die Gemeinde-Leitung geht von einem gezielten Angriff aus: „Wir sind von diesem Anschlag geschockt, jedoch angesichts des zunehmend feindlichen Klimas gegen evangelikale Christen leider nicht überrascht“, lässt sich TOS-Pastor Guido Kasch in einer Pressemitteilung zitieren.

Ein Video zeigt die Brandstiftung

Dass es mehrere Brandstifter waren, weiß die TOS genau. Denn der Bereich vor dem Gemeindezentrum wird von einer Videokamera überwacht. „Ein oder zwei Personen zünden den Bus an, während ein oder zwei zeitgleich den Eingangsbereich beschmieren“, schildert Reuss die Szene, die sie aufgezeichnet hat. Die Aufnahmen habe man an die Polizei übergeben.

Dort ermittelt die Kriminalpolizei wegen Brandstiftung und Sachbeschädigung. Sie ist bei Feuern an Orten, die der Religionsausübung dienen, automatisch zuständig. Dass ihr ein Video der Tat vorliegt, wollte Polizeisprecher Christian Wörner nicht kommentieren: „Die Ermittlungen stehen noch ganz am Anfang.“

Anschlag auf Auto der TOS-Gemeinde Tübingen
00:47 min
In der Nacht zum Freitag zündeten Unbekannte ein Auto der evangelikalen Freikirche TOS-Gemeinde in der Tübinger Eisenbahnstraße an. Videomaterial: TOS-Gemeinde/Rager/Drewes Schnitt: Jonas Bleeser

Pastor sieht Bedrohungsszenario

Die TOS-Gemeinde hat einen Verdacht, wer hinter dem Angriff stecken könnte: „In den letzten Monaten gab es in Tübingen, insbesondere aus der linken Szene, ein aggressives Bedrohungsszenario gegen die TOS-Gemeinde“, stellt Pastor Kasch fest. Davon berichtet auch Reuss: „Es gab einen Anti-TOS-Flyer einer Antifa-Gruppe, die dazu aufruft, uns zu boykottieren.“ Kritiker und ehemalige Mitglieder werfen der „evangelikal-charismatischen“ Gruppe seit Jahren unter anderem vor, Druck auf Mitglieder auszuüben und Homosexuelle zu diskriminieren. Die TOS streitet die Vorwürfe ab.

Bereits vor einigen Jahren sei das Tübinger Zentrum mit Parolen und einem Anarcho-Symbol besprüht worden, so Reuss. 2018 habe es einen Farbanschlag auf Räume der Gruppe in Leipzig gegeben, ebenfalls mit lila Farbe. Und als die Evangelikalen im Juni in der Tübinger Karlstraße missionierten, hätten sich Gegner mit Transparenten versammelt. „Da wurde versucht, unsere Veranstaltung zu sprengen. Wir haben dann die Polizei geholt.“ Natürlich habe er keinen Beweis dafür, von welcher Seite der Angriff kam. „Aber ein gewisser Zusammenhang ist da“, meint Reuss: „Diese Anfeindungen rufen genau so was hervor.“ Man werde sich nicht einschüchtern lassen.

Polizei: keine Drohungen bekannt

Bei der Polizei dagegen sind keine Bedrohungen der Gemeinde aktenkundig, sagt Polizeisprecher Wörner. Von dem Vorfall in der Karlstraße wisse man. Aber auch dabei sei es nur zu Sprechchören gekommen. Von direkten Drohungen, Körperverletzungen oder ähnlichen Angriffen sei der Polizei nichts bekannt. Ein Bekennerschreiben gibt es ebenfalls nicht. „Wir ermitteln in alle Richtungen“, stellt Wörner fest. Zeugen werden gebeten, sich mit Hinweisen unter der Telefonnummer 07071/9728660 bei der Tübinger Polizei zu melden.

Zum Artikel

Erstellt:
28.12.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 46sec
zuletzt aktualisiert: 28.12.2019, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Recht und Unrecht
Sie interessieren sich für Berichte aus den Gerichten, für die Arbeit der Ermittler und dafür, was erlaubt und was verboten ist? Dann abonnieren Sie gratis unseren Newsletter Recht und Unrecht!