Tanz

Ausdruck mit jeder Muskelfaser

Mit 66 Jahren ist der Körperkünstler und Choreograf Ismael Ivo in Brasilien an Corona gestorben.

10.04.2021

Von DPA

Ismael Ivo in Stuttgart in seinem Stück „Die Nacht des Dionysos“. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Ismael Ivo in Stuttgart in seinem Stück „Die Nacht des Dionysos“. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

São Paulo/Stuttgart. Er war der Schmerzensmann unter den Tänzern. Ein Ausnahmeathlet der Ausdruckskunst – Ismael Ivo, die Körperskulptur. Unvergessen etwa die von Johann Kresnik 1993 fürs Stuttgarter Theaterhaus inszenierte und immer wieder neu aufgelegte Performance „Francis Bacon“. Eine nackte Sphinx, mit ihren Beinen in einem weißen Sack und einem Schlachtermesser als Krücke. Ein Körper, der von der Decke hängt wie Schlachtvieh. Und Ivo, wie er sich windet, nach Atem ringt.

Der brasilianische Wahl-Berliner mit schwäbischen Großtaten vor allem im Theaterhaus rebellierte gegen das Älterwerden, mit jeder Muskelfaser, immer neue Produktionen brachte er heraus: mit viel Vodoo auch, als Zeremonienmeister, Großmeister seines Leibes. „Die Nacht des Dionysos“ hieß ein Tanzabend in Stuttgart. Und mit Marcia Haydée, der Primaballerina des Stuttgarter Balletts, seiner Landsfrau, ging er auf Tour: „Tristan & Isolde“ nach Richard Wagners Oper.

Brasilianische Heimat

Ivo wuchs in São Paulo in einfachen Verhältnissen auf, Mitte der 1980er Jahre zog er zunächst in die USA und später nach Europa, startete eine internationale Karriere. Ende der 1990er arbeitete er als leitender Choreograf am Deutschen Nationaltheater Weimar, von 2005 bis 2012 war Ivo Direktor der Sparte Tanz der Biennale in Venedig. Er war Mitbegründer des Wiener Tanzfestivals ImPuls, er arbeitete auch mit Pina Bausch, William Forsythe und der serbischen Performerin Marina Abramovi? zusammen.

Nach drei Jahrzehnten im Ausland war er 2017 nach Brasilien zurückgekehrt, um das Ballett von São Paulo zu leiten. Im Juni vergangenen Jahres hatte er zwei Schlaganfälle erlitten, von denen er sich allerdings gut erholte. In diesem Sommer hatte er wieder nach Wien kommen wollen, zum International Dance Festival.

Jetzt aber ist Ismael Ivo, dieser überragende Vertreter des zeitgenössischen Tanzes, mit nur 66 Jahren in seiner Heimat Brasilien wie so unzählige Menschen dort an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben. jük/dpa

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Erstellt:
10.04.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 57sec
zuletzt aktualisiert: 10.04.2021, 06:00 Uhr

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