Bahn baut nicht

Aus für geplante Werkstatthalle in Tübingen

Aufgehoben und nicht mehr nur aufgeschoben: Die Deutsche Bahn hat die Pläne für den Neubau einer großen Werkstatthalle aufgegeben.

25.08.2016

Von sg

Tübingen. Im Jahr 2011 mussten 40 Kleingärtner ihre Grundstücke hinter den Bahngleisen in der Europastraße räumen. Aus heutiger Sicht unnötig. Denn die Deutsche Bahn AG will dort nun keine Werkstatthalle mehr bauen. Geplant war das größte Bauwerk, das in Tübingen je errichtet worden wäre: eine 230 Meter lange, 12 Meter hohe und 44 Meter breite Halle, in der Züge gewartet und gereinigt werden sollten. Hintergrund war, dass in Stuttgart durch die Umbauten beim Bahnprojekt Stuttgart 21 weniger Platz zur Verfügung stehen wird.

Schon vor zwei Jahren hatte die Deutsche Bahn den Bau verschoben, weil er erst mit dem Start von Stuttgart 21 nötig sei (wir berichteten). Das wäre nicht vor 2021 gewesen. Gestern nun sagte ein Bahnsprecher auf TAGBLATT-Nachfrage: „Den Neubau wird es nicht geben.“ Er sei nicht mehr nötig und wirtschaftlich. Grund sei, dass die DB bei der Ausschreibung der Regionalverbindungen von Tübingen nach Stuttgart den Kürzeren gezogen hat. Den Regionalexpress zwischen Stuttgart und Tübingen wird ab 2020 Abellio Rail betreiben. Die Tochter der niederländischen Bahn ist in Deutschland bereits in Nordrhein-Westfalen und Thüringen aktiv. Den Interregio wird das britische Privat-Unternehmen Go-Ahead versorgen (wir berichteten).

Das bestehende Bahnbetriebswerk will die Deutsche Bahn nicht aufgeben. „Der Status quo wird so bleiben“, sagte der Bahnsprecher. In Tübingen würden weiter Züge aus der Region gewartet. Werden jetzt vielleicht Flächen für andere Nutzungen frei? Zu Grundstücksfragen sagte der Sprecher nichts.

Für Tübingens Baubürgermeister Cord Soehlke war die Nachricht gestern neu. Er freute sich aus städtebaulicher Sicht: „Wir sind nicht undankbar, wenn die Bahn dieses sehr große Gebäude nicht baut.“ Die Höhe und Breite hätte sehr hervorgestochen. Für die weitere Stadtentwicklung sieht der Baubürgermeister Chancen. Noch sei nichts klar, doch wünsche er sich Platz. Konkret: eine Rochade. Hinter der für die Halle geplanten Fläche liegt eine Fläche, die auf Vorrat für ein privates Bahnunternehmen – in diesem Fall Abellio – vorgehalten werden musste. Würde Abellio ein Betriebswerk auf der Bahnfläche errichten, wäre die Vorratsfläche frei für andere Nutzungen.