Aufwühlender Einsatz im Garten

Schon wieder suchte eine wilde Horde einen Tübinger Garten auf

Die Wildschweine pflügten den Rasen bei Ulrike Radmer um und hinterließen nach einstündigem Ackern eine kaputte Fläche.

14.08.2018

Von Ulla Steuernagel

So sah Ulrike Radmers Garten nach dem Besuch der Wildschweine aus. Bild: Metz

So sah Ulrike Radmers Garten nach dem Besuch der Wildschweine aus. Bild: Metz

Um etwa drei Uhr morgens war Ulrike Radmer hochgeschreckt. Sie hörte Geräusche in ihrem Garten: Die Einbrecher grunzten, quiekten und scharrten. Eine Stunde lang leistete eine Rotte Wildschweine hier ganze Arbeit. Die Tiere waren in der Nacht von Freitag auf Samstag in den Garten von Ulrike Radmer im Grünewaldweg eingedrungen. Sie kamen aus dem angrenzenden Elysium, dem Waldstück am Käsenbach. Nach ihrem Einsatz war das von Radmer liebevoll gepflegte Rasenstück nicht mehr wiederzuerkennen. Ungefähr zehn ausgewachsene und einige kleinere Tiere zählte die pensionierte Lehrerin hinter ihrem Haus. „Vielleicht waren es auch mehr!“ Die Gartenbesitzerin reagierte couragiert. Sie versuchte von ihrer etwas höher gelegenen Terrasse aus, die Tiere mit Licht und Taschenlampenstrahl zu verscheuchen.

Engerlinge im Rasen gesucht

Es war nicht das erste Mal, dass die Tiere sich aus dem Elysium herauswagten. Bislang jedoch hatten sie Radmers Grundstück verschont und sich nur für die Komposthaufen ihrer Nachbarn interessiert. Hier hatten sie nach Essbarem gewühlt. „Diesmal sind sie jedoch in meinen Garten marschiert“, so Radmer. Für die Blumen am Rand interessierten sie sich nicht. Sie suchten wohl Engerlinge im Rasen, vermutet die Hobbygärtnerin.

Das ganze Spektakel dauerte gerade mal eine Stunde. „Ich habe mir dieses Jahr mit dem Rasen besondere Mühe gegeben“, so Radmer voller Bedauern. So wenig Unkraut war noch nie in der Grasfläche.

Radmers Garten ist nicht der erste, der in Tübingen dran glauben musste. Vor wenigen Wochen berichtete das TAGBLATT über den völlig zerstörten Rosengarten von Birgit Metzen in der Engelfriedshalde. In dieser Wohngegend haben auch schon andere unerwünschten Besuch bekommen.

Stadt und Landratsamt raten in solchen Fällen den Gartenbesitzern, ihre Grundstücke wildschweinsicher einzuzäunen. Jagen in der Stadt ist nicht erlaubt und gefährlich für die Anwohner. Radmer denkt nun selber über Vertreibungsmethoden nach: Können Pellets mit Chili oder Schreckschüsse helfen? Ihren Gartenschlauch hat sie schon auf den härtesten Strahl gestellt. Gegebenenfalls will sie von der Terrasse aus „schießen“. Dabei hat sie prinzipiell gar nichts gegen das Schwarzwild. „Wir nehmen den Tieren ja auch den Lebensraum weg!“

Allesfresser interessiert alles

Daniel Hahn vom Forstreferat des Regierungspräsidiums gibt auf Nachfrage noch eine andere Empfehlung: Ein „Geruchszaun“ verspreche „temporäre Hilfe“. Zivilisationsgerüche gefallen den Wildschweinen nämlich gar nicht. In Waschmittel getränkte Lappen, aber auch Menschenhaare oder Hundegerüche wirken auf sie abstoßend. „Die Tiere“, so sagt Hahn einschränkend, „sind allerdings schlau. Nach einer Weile merken sie, dass im Grunde keine Gefahr für sie droht.“ Auch auf Komposthaufen sollte in den Wildschwein-Revieren besser verzichtet werden. Selbst wenn hier nur Gartenabfälle und Ungekochtes lagern, es lockt die Tiere an: „Als Allesfresser“, so Hahn, „interessiert die alles.“

Und hier der Garten, bevor er von Wildschweinen verwüstet wurde. Privatbild

Und hier der Garten, bevor er von Wildschweinen verwüstet wurde. Privatbild