Antikriegstag

Aufrüstung schadet allen

Bei der Kundgebung auf dem Tübinger Holzmarkt am Samstag ging es auch um die Situation in Chemnitz.

03.09.2018

Von Dorothee Hermann

An die 150 Menschen demonstrierten am Samstag auf dem Holzmarkt gegen Aufrüstung und Faschismus.Bild: Faden

An die 150 Menschen demonstrierten am Samstag auf dem Holzmarkt gegen Aufrüstung und Faschismus.Bild: Faden

Gegen die neuerliche weltweite Aufrüstung protestieren auch in Tübingen Initiativen wie das Friedensplenum-Antikriegsbündnis, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Informationsstelle Militarisierung, die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW), die Gesellschaft Kultur des Friedens, das Afrin-Komitee, der Frauenverband Courage und weitere Organisationen.

Zum Antikriegstag am 1. September riefen sie am Samstag zur Kundgebung auf dem Tübinger Holzmarkt auf. Zeitweise protestierten bis zu 150 Leute. Auf Transparenten war zu lesen: „Wer Krieg sät, erntet Flucht“ oder „Peace – No to Nato“.

Allein im Jahr 2017 flossen weltweit 1,4 Billionen Euro in die Rüstung. Das Geld fehlt bei der Bekämpfung von Armut und Klimawandel. Im Inland trifft es Bildung, Wohnen, Altenpflege und Umwelt.

Für das Friedensplenum Tübingen forderte Walburg Werner die Auflösung der Nato, die nur „eine Goldgrube für Rüstungskonzerne“ sei. Allein der deutsche Rüstungshaushalt solle im kommenden Jahr um elf Prozent steigen. „Jeder Euro für Waffen kommt aus unseren Taschen“, sagte sie und fügte hinzu: „Die Machtverhältnisse sind gegen uns. Wir brauchen einen langen Atem. Den haben wir.“

Vor den Gefahren beim Einsatz Künstlicher Intelligenz in kriegerischen Konflikten warnte Christoph Marischka von der Informationsstelle Militarisierung. „Die Rüstungsindustrie hat ein Business Incubation Centre in Reutlingen eingerichtet“, kritisierte er. Gemeint ist die Außenstelle der Europäischen Raumfahrtagentur ESA im Technologiepark Tübingen-Reutlingen. Auch die Erkenntnisse der Tübinger IT-Firma SySS, die Hackerangriffe simuliere, seien militärisch verwertbar. Marischka betonte: „Wir wollen keine militärische Forschung. Nicht in Tübingen, und woanders auch nicht.“

Zur Situation in Chemnitz bemerkte Marischka: „Wenn Leute gejagt werden, weil sie migrantisch aussehen, und Hitlergrüße gezeigt werden, hat das nichts mit Selbstjustiz zu tun, sondern mit Rassismus und Nationalismus.“

Von „pogromartigen Strukturen“ auf den Straßen von Chemnitz sprach Nina Rupprecht von der Partei Die Linke. Angesichts von zahlreichen jungen AfD-Wählern in Sachsen forderte sie mehr Aufwendungen für politische Bildung. Der Bundesregierung warf Rupprecht vor, die Bundeswehr bei der Rekrutierung an Schulen zu unterstützen. „Minderjährige dürfen keine Zigaretten oder Alkohol kaufen, aber sich bei der Bundeswehr verpflichten.“ Doch es fehle der Warnhinweis: „Die Arbeit für die Bundeswehr kann tödlich sein.“

Moritz Stiepert, DGB-Sekretär in Reutlingen, sagte unter anderem: „In Chemnitz sehen wir gerade, wie Faschismus aussehen kann. Da wird ein Ausnahmezustand hergestellt, der von Politik und Straße geduldet wird.“ Für die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) erinnerte Gerhard Bialas an die militaristische Vergangenheit Tübingens. Zu Chemnitz sagte der langjährige ehemalige Stadtrat: „Es darf nicht sein, dass sich rechte Gewalttäter auf den Straßen und in den Parlamenten tummeln, aber die Kommunistische Partei seit 1956 verboten ist.“