Privatanleger

Aufregung um Preisaushang der Volksbank Reutlingen

Banken und Sparkassen verlangen von reichen Kunden eine Gebühr dafür, dass sie ihr Geld aufbewahren. Droht dies auch den kleinen Sparern?

08.06.2017

Von ROLF OBERTREIS

Immer mehr Banken, darunter einige Volksbanken, erheben Negativzinsen von ihren Kunden. Damit wollen sie sich auch vor davor schützen von „Liquidität überschwemmt zu werden“, so Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern. Foto: dpa

Immer mehr Banken, darunter einige Volksbanken, erheben Negativzinsen von ihren Kunden. Damit wollen sie sich auch vor davor schützen von „Liquidität überschwemmt zu werden“, so Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern. Foto: dpa

Reutlingen. Nachdem Banken und Sparkassen bis vor kurzem noch versichert hatten, Negativzinsen für Tagesgeld seien für Privatkunden kein Thema oder allenfalls dann, wenn sehr hohe Beträge angelegt würden, schwenken jetzt immer mehr Institute um. Nach Recherchen des Verbraucherportals Verivox belasten weitere Volksbanken Einlagen ihrer Kunden mit einem Minuszins. Zum Beispiel die Volksbank Reutlingen: Dort werden Kunden des Tagesgeld-Kontos VR-FlexOnline (Werbung: „Die clevere Ergänzung zum Girokonto“) bereits ab einem Anlagebetrag von 10?000 EUR mit einem Zins von minus?0,50 Prozent belastet.

Eine Sprecherin der Volksbank Reutlingen betonte allerdings auf Nachfrage der SÜDWEST PRESSE, dass man keine Negativzinsen von Privatkunden verlange. Wörtlich heißt es in ihrem Statement: „Fakt ist, die Volksbank Reutlingen erhebt derzeit keine Negativzinsen von Privatkunden. Wie andere Banken auch, führen wir mit einigen unserer vermögenden Kunden, Privat- und vor allem Firmenkunden, Gespräche über die Einführung von „Verwahrentgelten“ für hohe Einlagenwerte über 500?000 Euro.“

Die Änderung im Preisaushang für die Privatkonten und das Tagesgeldkonto, so heißt es weiter, schafften lediglich die formalen, rechtlichen Voraussetzung „zum Beispiel für den Fall, dass ein Neukunde eine Million Euro bei uns anlegen will“. Fazit: „Unsere Privatkunden, also der viel zitierte ,Normalsparer‘ oder ,kleine Sparer‘, sind von den Negativzinsen nicht betroffen.“

Die Schwelle, ab welcher Einlagen mit einem Minuszins belasten, liegt bisher bei 100?000 EUR. Die Raffeisenbank Gmund in Bayern, die Volksbank Stendal in Sachsen-Anhalt und die VR Bank Mittelsachsen kassieren laut Verivox bei dieser Schwelle Minuszinsen von 0,4 und 0,3 Prozent. Ab 500?000 EUR kassieren die VR Bank Donau-Mindel in Bayern, die Volksbank Ermstal-Alb in Baden-Württemberg und die Skatbank in Thüringen Strafzinsen von 0,4 Prozent.

Die Dresdner Volksbank greift erst ab einem Anlagebetrag von 1?Mio. EUR zu. Die Volksbank Baden-Baden, die EthikBank und die Volksbank Eisenberg in Thüringen belasten nur Großanleger und treffen dort lautet Verivox Einzelvereinbarungen. Ausgewertet wurden nach Angaben von Verivox-Sprecher Toralf Richter die Preisverzeichnisse der Banken. Generell schaut das Portal auf die Preise und Konditionen von rund 800 Banken und Sparkassen in Deutschland.

Ein baldiges Ende der Zinsflaute im Euroraum ist nicht in Sicht. Droht nun die flächendeckende Einführung von Strafzinsen? „Negative Zinsen für Privatkunden möchte ich für alle Zukunft nicht ausschließen, aber wir haben es in absehbarer Zeit nicht vor“, sagte jüngst der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, Uwe Fröhlich.

Der Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern, Jürgen Gros, wies allerdings auch darauf hin, dass Volksbanken und Raiffeisenbanken vermehrt über eine Anpassung ihrer Konditionen nachdenken müssten, wenn Wettbewerber verstärkt Negativzinsen einführten. „Die Institute gehen sonst das Risiko ein, von Liquidität überschwemmt zu werden.“

Die Sparkassen stimmten ihre Kunden zuletzt auf steigende Gebühren ein, wollen aber nach Möglichkeit auf Strafzinsen verzichten. „Negativzinsen für Sparer sehe ich weiterhin nicht“, betonte der Präsident des Sparkassen- und Giroverbands, Georg Fahrenschon. (mit dpa)