Cannabis-Produkte

Lidl: Aufregung um Hasch-Kekse

Lidl musste seine Cannabis-Produkte wieder aus den Regalen nehmen. Was ist passiert und warum sorgen solche Waren immer wieder für Probleme?

31.08.2021

Von CAROLINE STRANG

Foto: Lidl/Lidl/obs

Foto: Lidl/Lidl/obs

Es sollte sicherlich ein Gag sein. Cannabis-Produkte beim Discounter – was für ein Coup. Und dann noch diese spannenden Namen und Verpackungen. „Mary & Juana“ hießen die Cannabis-Kekse und die Schokolade, „SoStoned“ der Hanf-Energydrink, dazu gab es Muffins, Tee und Hanf-Öl – alles bei Lidl. Die Verpackungen geschmückt mit Hanfblättern und der ein oder anderen Andeutung auf ihre potenzielle Wirkung – die es ja bei diesen Produkten nicht geben sollte. Schließlich, so die Ankündigung, dürften diese Produkte nicht den Wirkstoff THC enthalten, also kein Rauschmittel sein.

Schon seit geraumer Zeit gibt es um Produkte aus Hanf einen wahren Hype: Sie erobern die Regale von Bio-Läden und Supermärkten und werden in Online-Shops angeboten. „Hanf in Nudeln, Hanf in Energydrinks – Hanf hat als Zutat zahlreicher Lebensmittel in den letzten Jahren einen regelrechten Hype erfahren“, teilt das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) mit. Immer wieder aber gibt es dabei Probleme, Rückrufaktionen oder die Behörden schreiten ein – wie im vorliegenden Fall.

Samen enthalten kein THC

Der Handel mit Produkten aus Hanfsamen wie Hanföl, Hanfmehl, Hanf-Tee, Schokolade, Müsliriegel oder Senf mit Hanf ist zumeist unproblematisch, darauf weist auch der Verbraucherzentrale Bundesverband hin. Im Gegenteil: „Hanfsamen enthalten ähnlich wie zum Beispiel Nüsse, Lein- und Sesamsamen hochwertiges Fett, Protein, Vitamine sowie Ballast- und Mineralstoffe“, schreiben die Experten. Aber auch da ist Vorsicht geboten: Zum Beispiel bei der Ernte können die Samen mit Blättern oder Blüten in Kontakt kommen, die THC enthalten. Dann können auch Produkte aus Samen mit dem berauschenden Wirkstoff verunreinigt sein.

Wie das in diesem aktuellen Fall passieren konnte, ist offen, wer die Verantwortung trägt – Hersteller, Lieferant oder Händler – ebenfalls. „Wir äußern uns generell nicht zur Zusammenarbeit mit Lieferanten und Herstellern“, sagt ein Lidlsprecher dazu auf Anfrage. Er ergänzt: „Für Lidl steht die Produktsicherheit an erster Stelle.“ Das Unternehmen stehe in engem Kontakt mit den Behörden und unterstütze die Untersuchungen.

Fest steht: Aus dem Werbe-Coup wurde für den Discounter Lidl ein Problem. Denn inzwischen hat die Staatsanwaltschaft Heilbronn ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz eingeleitet. Die Behörde hatte einige Produkte beschlagnahmt. Nach dem Rückruf durch den Discounter reagierte sie schnell und startete das Verfahren, auch wenn die Ergebnisse der eigenen Tests noch ausstanden.

Foto: Lidl/Lidl/obs

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Ende vergangener Woche hatte der Discounter mehrere Produkte zurückgerufen. In den Regalen waren sie seit dem Besuch der Polizei eh nicht mehr zu finden, nun sollen die Kunden bereits gekaufte Waren wieder zurückgeben. „Diese zurückgerufenen Produkte entsprechen aufgrund ihres erhöhten Gehalts an Tetrahydrocannabinol (THC) nicht den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit und können zum Beispiel zu Müdigkeit und Stimmungsschwankungen führen“, erklärt ein Pressesprecher des Discounters auf Anfrage.

Betroffen seien unter anderem Kekse, Tea und Riegel des tschechischen Herstellers Euphoria Trade. Außerdem wurden die Verbraucher aufgefordert, Vita D?or Bio Hanföl des Herstellers P. Brändle und Solevita Hanf Tee zurückzubringen. Das wiederum regt den europäischen Fachverband der Hanfindustrie (EIHA) auf, der betont, dass er selbstverständlich großes Verständnis für konsequenten Verbraucherschutz habe. Die aktuelle Rückrufaktion könne er aber nicht nachvollziehen. „Der Rückruf betrifft unter anderem Hanfsamenöl, ein sicheres und bei Verbrauchern beliebtes Öl“, sagt EIHA-Präsident Daniel Kruse. „Die Überprüfung wird zeigen, dass auch dieses Hanfsamenöl nicht berauschend wirkt und verkehrsfähig ist.“

Foto: Lidl/Lidl/obs

Foto: Lidl/Lidl/obs

Die Staatsanwaltschaft Heilbronn ermittelt noch wegen eines weiteren Vorwurfs. „Nach telefonischer Mitteilung eines von Lidl beauftragten Rechtsanwaltsbüros wurden in verschiedenen Produkten wohl auch geringe Mengen an CBD festgestellt, weshalb auch von einem Verstoß gegen die Novel-Food-Verordnung auszugehen ist“, erklärt eine Sprecherin. Diese EU-Verordnung sieht vor, dass für neuartige Lebensmittel eine Zulassung nötig ist, auch für Produkte mit Cannabidiol (CBD).

1,5 Millionen Artikel ausgeliefert

An die Ware war Lidl über das Start-up „The Green Dealers“ gekommen, das laut dem Branchenblatt „Lebensmittelzeitung“ (LZ) erst seit November des vergangenen Jahres existiert und als Vertriebsdienstleister agiert. The Green Dealers hatte nach eigenen Angaben mindestens 1,5 Millionen Cannabis-Artikel des Herstellers Euphoria an das Lidl-Lager geliefert. Das Unternehmen machen damit laut LZ einen Umsatz in niedriger Millionen-Euro-Höhe. Als Kaufargumente für die bei Lidl kurzzeitig angebotenen Produkte nannte ein Manager des Dienstleisters übrigens den Hanf-Geschmack und die „interessante Aufmachung“. Das Start-up hatte vorab erklärt, dass die Produkte kein THC oder CBD enthalten.

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Erstellt:
31.08.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 13sec
zuletzt aktualisiert: 31.08.2021, 06:00 Uhr

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