Triathlon

Am Ende ist es der blanke Wille

Sebastian Kienle will am Samstag bei der Ironman-WM auf Hawaii seinen Sieg von 2014 wiederholen. Die größten Gegner sind Titelverteidiger Patrick Lange und der eigene Körper.

12.10.2018

Von JENS MARX, DPA

Am Boden und trotzdem ganz oben: Sebastian Kienle am 12. Oktober 2014 bei seinem Triumph in Kailua-Kona. Foto: Bruce Omori/dpa

Am Boden und trotzdem ganz oben: Sebastian Kienle am 12. Oktober 2014 bei seinem Triumph in Kailua-Kona. Foto: Bruce Omori/dpa

Er weiß, wie es sich anfühlt auf Hawaii zu gewinnen. Und das verstärkt nur den Wunsch, es erneut zu schaffen. Sebastian Kienle startet am Samstag (18.35 Uhr/MESZ) bei der Ironman-WM. Nach dem verletzungsbedingten Startverzicht seines Freundes Jan Frodeno ist der 34-Jährige der erste deutsche Herausforderer des Titelverteidigers Patrick Lange.

Wie oft denken Sie in diesen Tagen auf Hawaii an ihren Sieg 2014 zurück?

Sebastian Kienle: Man denkt schon relativ häufig an den Sieg zurück. Vor allen Dingen natürlich, weil ich relativ häufig danach gefragt werde. Wenn man die Pahlavi Road oder den Alii Drive entlangläuft, dann gibt es schon sehr viele Anreize. Vorne am Pier sind auch die Aufsteller von den vorherigen Siegern. Wenn man da vorbeiläuft und sich nochmal selbst sieht, treibt einem das das Lächeln ins Gesicht und macht einen stolz.

Treiben Sie diese Erinnerungen an oder eher die Gedanken an die Rennen, in denen Sie sich geschlagen geben mussten?

Es ist eine Kombination aus beidem. Mir geben die Rennen, die ich in Anführungszeichen verloren habe, schon die größere Motivation. Andererseits gibt mir der Sieg irgendwo die Sicherheit, dass ich es ja schon mal geschafft habe und damit vielleicht auch ein kleines Stückchen mehr Lockerheit und vielleicht ein Schuss mehr Risikobereitschaft im entscheidenden Moment habe. Natürlich gibt es auch das Selbstvertrauen, mir selbst schon gezeigt zu haben, dass ich das kann.

Wie ist Ihre Vorbereitung verlaufen?

Die Vorbereitung ist insgesamt sehr, sehr gut verlaufen. Wir haben ein paar kleine Änderungen vorgenommen. Ich habe die Mitteldistanz-Weltmeisterschaft dieses Jahr ausgelassen, war dafür länger in der Höhe zum Trainieren in Livigno. Ich glaube, es war eine gute Kombination, den Körper zu stressen und den Geist zu schonen, sozusagen ein hartes Training in einer sehr schönen Umgebung.

Körperlich sind Sie fit?

Ich habe ein kleines bisschen mit Achillessehnenproblemen zu kämpfen. Aber ich weiß, wie ich damit umgehen kann und muss. Und dass es für mich kein Anlass ist, mir übermäßig Sorgen zu machen. Ich habe in der Vergangenheit schon mit einer eher suboptimalen Vorbereitung sehr gute Ergebnisse gezeigt und im letzten Jahr zum Beispiel, als die Vorbereitung fürs Laufen extrem gut gegangen ist, war es eigentlich einer meiner schlechtesten Marathons. Dementsprechend probiere ich, mir das selbst schön zu reden. Das ist auch eine der Künste, die man hier beherrschen muss.

Wie sehr bedauern Sie, dass Jan Frodeno nicht dabei sein kann?

Natürlich ist das für uns alle schade. Ihn zu schlagen, ist eine der größten Trophäen, die man sich im Moment in unserem Sport an die Wand nageln kann. Natürlich hätte ich gern die Chance gehabt, ihn hier zu schlagen. Das ist ganz klar. Dazu kommt, dass er für mich immer noch ein Freund ist. Deswegen tut es mir für ihn persönlich unheimlich leid.

Wie sehr beeinflusst Patrick Langes Laufstärke Ihre Rennplanung?

Es ist sicher nicht optimal, mit ihm vom Rad zu steigen, das ist klar. Aber da spielen sehr viele Parameter eine Rolle. Zum Beispiel ist Jan mit Patrick in Frankfurt in diesem Jahr zusammen vom Rad gestiegen und hat ihn dann schon ganz schön zerstört beim Marathon. Es wird drauf ankommen, ob Patrick auf dem Rad arbeiten muss oder ob er sich eher größtenteils verstecken kann. Das hängt auch von vielen anderen Athleten ab. Ich sag mal, man weiß, dass da hinten jemand ist, der notfalls auch zehn Minuten schneller laufen kann als man selbst. Und das beeinflusst auf jeden Fall die Rennplanung.

Wie viel Prozent sind Kopfsache, Willen, Motivation bei einem Ironman, wie viel macht die Physis aus?

Das ist schwierig zu beziffern, aber es ist ganz klar so, dass hier vielleicht zehn Leute innerhalb von einem Prozent der körperlichen Leistungsfähigkeit sind. Am Ende aber deutlich mehr wie ein Prozent zwischen den Zeiten liegen. Wenn man das Rennen gewinnen will, muss alles zusammenpassen. Am Ende muss man schon sagen, dass es nur noch der blanke Wille und die mentale Stärke sind, die einen gewinnen lassen.

Wie groß ist Ihre Sehnsucht, das Glücksgefühl des Jahres 2014 zu wiederholen?

Extrem groß. Das muss man ganz klar sagen. Wahrscheinlich noch größer, als bei jemandem, der noch nicht weiß, wie sich das anfühlt. Ich war ja in den letzten drei Jahren eigentlich immer relativ nah dran. Ich war eigentlich auch immer in der Form, die Rennen unter Umständen auch gewinnen zu können. Aber ich habe es nie nochmal geschafft. Diese Sehnsucht nach dem Gefühl ist irgendwie das, was einen antreibt. Jens Marx, dpa

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Erstellt:
12.10.2018, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 22sec
zuletzt aktualisiert: 12.10.2018, 06:00 Uhr

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