Rap aus der Region (2):

Moritz Drath: Auf der positiven Schiene

Moritz Drath ist als Jugendlicher in die Tübinger Rapszene eingetaucht. Hier entstand auch die Gruppe, mit der er Jahre später vor Cro auftreten sollte.

12.08.2019

Von Peter Strigl

„Das läuft einfach nebenher“, sagt Moritz Drath über seine Musikerkarriere. Konzerte, wie hier in Berlin, gibt er aber nur noch ziemlich selten.Bild: Maximilian Pittner

„Das läuft einfach nebenher“, sagt Moritz Drath über seine Musikerkarriere. Konzerte, wie hier in Berlin, gibt er aber nur noch ziemlich selten.Bild: Maximilian Pittner

Wenn man den Namen MØRYZ bei You Tube eintippt, stößt man auf wenige, aber dafür hochwertig produzierte Videos. Sowohl Ton als auch Bild sind offensichtlich das Werk von Profis. Wird hier ein bisher unbekannter Künstler von einem großen Label auf den Schild gehoben?

Die wenigen hundert Klicks pro Video und die langen Abstände zwischen den Veröffentlichungen zerstreuen diesen Verdacht schnell wieder. Der Profi hinter der Produktion ist der Rapper selbst: „Mit Sounddesign verdiene ich meinen Lebensunterhalt“, sagt Moritz Drath, der seit anderthalb Jahren selbstständig ist. „Ich mach alles, was mit Ton zu tun hat.“ Die Fähigkeiten dazu hat er an der Filmakademie in Ludwigsburg erworben: „Das war quasi ein Aufbaustudium“, erklärt der 29-Jährige.

Zuvor hatte er an der Popakademie in Mannheim Musikproduktion studiert, seine eigentliche Leidenschaft: „Ich habe über Hip-Hop meinen Weg zur Musik gefunden“, berichtet er. Mit neun verfasste er seine ersten Zeilen, mit 13 fing er an Beats zu produzieren. Seine erste Gruppe Vierzeiler bestand aus vier „lieben Mittelschicht-Kids“, wie Drath seine Clique rückblickend beschreibt. „Wir haben so Öko-Rap gemacht: gegen Krieg und gegen das System.“

Das alles spielte sich noch in Tübingen ab, wo Drath bis zu seinem 19 Lebensjahr wohnte. „Das hat damals richtig gebrodelt“, berichtet er von der damaligen Rapszene. Mit Motivation – einem Wortspiel aus seinem Namen und dem seines Schulfreunds Tobias – war Drath aktiver Teil dieser Subkultur.

Unter Draths neuestem Pseudonym gibt es zwar kaum etwas, wer aber seine alten Alias kennt, wird auf You Tube schnell fündig: Als Zweiplus hatte er mit Jan Platt, einem Freund seit Kindergartentagen, erste kleine Erfolge. Da ist ihr „Abilied“ und „Die Pyramide hoch“ mit jeweils über 30000 Klicks auf You Tube. Und ein Auftritt in der Geschwister-Scholl-Schule aus dem Jahr 2007 – in Schlabber-Klamotten und langen Haaren unter Käppis.

Während ihrer gemeinsamen Zeit an der Popakademie betrieben die Freunde das Projekt weiter, mit einem dritten Mitglied wurde Zweiplus zu Konvoy: „Eigentlich ist in dieser Zeit das meiste passiert“, erzählt Drath. 2016 traten Konvoy als Vorgruppe des Stuttgarter Pandamasken-Rappers Cro vor 13000 Leuten auf. „Das war mega krass für uns.“ Die veränderte Schreibweise sollte die Songs leichter auffindbar machen. Dummerweise wird Konvoi auf Türkisch mit Ypsilon geschrieben. „Wenn man uns googelt, kommen ganz viele türkische Hochzeiten“, sagt Drath und lacht.

Heute kommt er nicht mehr so oft zum Musik machen. Außerdem hört er nur noch wenig Rap. „Das hat wahrscheinlich mit meinem Beruf zu tun.“ Als Sounddesigner muss er sich nach den Wünschen seiner Kunden richten, dafür holt er sich Inspiration in anderen Genres: „Zur Zeit feier ich so experimentelle elektronische Sachen.“

„Musiktheoretisch betrachtet ist Hip-Hop relativ simpel“, sagt Drath. „Es geht darum, den richtigen Vibe zu finden“, erklärt Drath. Also einen stimmiges Gesamtpaket. Er selbst bevorzugt einen positiven Stil, angelehnt an Freundeskreis, Blumentopf und die Absoluten Beginner: „Der Gangster-Kram würde aber auch nicht zu mir passen“, findet er. Ein Instrument gelernt hat er nie: „Ich habe eine Gitarre zuhause rumstehen und versuch ein bisschen darauf rumzuklimpern.“ So findet er kurze, eingängige Melodien für seine Songs, die nachher geloopt – also wiederholt – werden.

Schon mit Konvoy ist sein Sound massentauglicher geworden. „Weit weg“ ist mit mehr als 93000 Klicks der bisher größte Erfolg auf You Tube. Der neue Song „Timeout“ erinnert in seiner lässigen Art an Cro. „Meine Sachen sind eher melodisch. Damit erreich ich ein größeres Publikum.“ Außerdem kommt ihm die wachsende Popularität seiner Musikrichtung zu Gute: „Rap ist der neue Pop“, ist Drath überzeugt.

„Wenn ich die Chance hätte, eine Zeit lang von der Musik zu leben, würde ich das natürlich machen“, sagt Drath. Den großen Durchbruch erwartet er aber nicht: „Das läuft einfach nebenher. Ich seh das mittlerweile ein bisschen langfristiger.“ Er will von jetzt an regelmäßig Lieder veröffentlichen: „Kontinuität ist das A und das O.“ Das nächste soll bis Ende August, Anfang September erscheinen.

Aus vier mach zwei

Mit der Serie „Rap in der Region“ wird in unregelmäßigen Abständen die Szene in und um Reutlingen und Tübingen beleuchtet. Moritz Drath wurde 1990 in Tübingen geboren und besuchte die Geschwister-Scholl-Schule. Hier gehörte er unter anderem zu den Gruppen Vierzeiler und Zweiplus. Nach dem Abitur ging er nach Mannheim auf die Popakademie. Heute arbeitet er als Sounddesigner in Stuttgart.