USA

Auch Biden zieht Amerika vor

Der neue Präsident wird sich an die Regeln demokratischer und internationaler Politik halten, aber nicht alle Handelshemmnisse beseitigen, die Trump errichtet hat.

16.01.2021

Von dpa

Joe Biden, designierter Präsident der USA. Foto: Susan Walsh/AP/dpa

Joe Biden, designierter Präsident der USA. Foto: Susan Walsh/AP/dpa

Das Verhältnis zu Europa hat in der Amtszeit Donald Trumps politisch enorm gelitten. Auch wirtschaftlich wegen der von Trump mit seiner „Amerika zuerst“-Politik angezettelten Handelskonflikte. Nach vier Jahren mit Drohungen, Gepolter und Chaos ist die Hoffnung auf einen Neuanfang groß. Mit Joe Biden kann eigentlich vieles nur besser werden. Aber nicht alles.

„Eine 180-Grad-Wende ist auch mit dem neuen Präsidenten nicht zu erwarten“, warnt Hubertus Bardt vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Biden werde sich zwar an internationale Regeln halten, weniger drohen und verlässlicher sein als Trump. Aber an der protektionistischen Handelspolitik werde sich womöglich gar nicht viel ändern.

Tatsächlich fällt auf, dass Biden Trumps „Handelskriege“ im Wahlkampf zwar als desaströs bezeichnet hat. Er hat jedoch kein Versprechen abgegeben, die vonTrump verhängten Sonderzölle zurückzunehmen.

Trump hat stark auf in den USA hergestellte Produkte und die Stützung heimischer Industrie gesetzt. Biden sagt es ähnlich. „Unsere Zukunft wird Made in America sein“, sagte er jüngst. „Es wird eine Zukunft sein, die von amerikanischen Arbeitern geschaffen wird.“

Häufig verspricht Biden, seine Politik werde in den USA „Millionen gut bezahlter und gewerkschaftlich organisierter Jobs“ schaffen. Anders als Trump will er dabei neben einem umfassenden Infrastrukturprogramm auch dem Ausbau erneuerbarer Energien und umweltfreundlicher Technologien große Bedeutung einräumen. Für die deutsche Industrie waren vor allem Trumps Strafzölle auf Stahl und Aluminium vom Juni 2018 ein heftiger Affront. Besonders, dass er den Schritt mit Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit begründete, rief Empörung hervor.

Autostrafzölle vom Tisch?

Die USA sind der größte Einzelmarkt für den Export von Waren „Made in Germany“, Einfuhrschranken deshalb von großer Bedeutung für die deutsche Wirtschaft. Trump drohte, auch Autoimporte mit Strafzöllen zu belegen – zumindest dieses Thema sollte nun vom Tisch sein.

Ganz oben auf der handelspolitischen Liste von Biden dürfte ohnehin nicht die EU, sondern China stehen. Er muss schnell entscheiden, wie es etwa mit Firmen wie Huawei oder der Tiktok-App weitergeht, gegen die Trump vorgegangen ist. Zwischen EU und USA gibt es Analysten zufolge gemeinsame Nenner zum Thema „China“.

Biden hat bislang bloß angekündigt, er wolle bestehende Zölle kritisch prüfen. Die Hoffnung, dass er die Handelsbarrieren rasch wieder senkt, könnte durchaus enttäuscht werden, gibt der Bundesverband der Deutschen Industrie zu bedenken. So würden die Zölle nicht nur von den Gewerkschaften, sondern auch von vielen Demokraten im Kongress unterstützt.

Die deutsche Industrie ist dennoch voller Hoffnung. Wenn Biden die von Trumps Regierung beschlossene Lockerung von Abgasvorschriften zurücknähme, würden Autobauer wie Volkswagen, Daimler oder BMW profitieren. Und wenn er der Umweltverschmutzung durch Öl- und Gasförderer aggressiv entgegentritt, würden alternative Energien profitieren, wovon sich etwa Siemens gute Geschäfte verspricht.

Erst einmal ein Konjunkturpaket

Biden will nach seinem Amtsantritt gleich ein neues, 1,9 Billionen Dollar schweres Konjunkturpaket zur Bewältigung der Corona-Krise auf den Weg bringen. Es beinhaltet 1400-Dollar-Schecks für viele Bürger, eine Ausweitung von Arbeitslosenhilfe und große Beträge für Impfungen und Corona-Tests. „Die Gesundheit unserer Nation steht auf dem Spiel“, sagte Biden. „Wir können uns nicht leisten, nichts zu tun.“ Die Spitzen der Demokraten im Repräsentantenhaus und im Senat haben bereits ihre Unterstützung zugesagt.

Neue Regeln ärgern USA

Ein Konfliktfeld zwischen der EU und den USA ist die Tech-Regulierung. Frankreichs geplante Digitalsteuer für Online-Riesen wie die Google-Mutter Alphabet oder Facebook und die Absicht der EU-Kommission, dem Geschäft der Tech-Giganten neue Regeln aufzudrücken, verstimmen die USA. Den US-Konzernen könnte sogar eine Zerschlagung drohen.

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Erstellt:
16.01.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 47sec
zuletzt aktualisiert: 16.01.2021, 06:00 Uhr

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