Tübingen · Energiepolitik

Atomkraft strecken

Boris Palmer findet vier Monate mehr Kernenergie in Ordnung, will vor allem aber weniger Gas verstromen.

07.09.2022

Von sg

Oberbürgermeister Boris Palmer findet das Strecken der Atomenergie um wenige Monate in Ordnung. Das sagte er am Dienstagabend in der Talkshow „Markus Lanz“. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck verteidigte der Grüne mit ruhender Parteimitgliedschaft. Zwei der noch verbliebenen drei Atommeiler als Notreserve am Netz zu lassen, sei ein kluger politischer Schachzug. Das per Gesetz festgelegte Enddatum um vier Monate zu verschieben, sei für seine Partei ein Riesenschritt, aber richtig.

Palmer machte keinen Hehl daraus, dass die Stadtwerke Tübingen durch die derzeitigen Energiepreise zehnmal mehr am Strom verdienen als sonst. Denn sie hätten einen hohen Anteil an Ökostrom. Strom aus Wind und Sonne sei günstig in der Erzeugung, der Preis richte sich aber nach dem teuersten Anbieter. „Das sind reine Zufallsgewinne“, gab Palmer zu. Er stellte klar: „Ich bin dagegen, dass wir diese Gewinne machen.“

Palmer warnte erneut vor einer „industriellen Kernschmelze“, sollte Unternehmen im Winter das Gas abgedreht werden (wir berichteten). Die Verstromung des wertvollen Gases müsse beendet werden. Der Bund solle Stadtwerken erlauben, die Produktion der Fernwärme von Gas auf Öl umzustellen. Dies lasse sich sofort umsetzen. Doch: „Ich kann es nicht machen, weil ich dafür ins Gefängnis gehen würde“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtwerke Tübingen mit Blick auf Mehrkosten in Millionenhöhe.