Atemzug

Der langjährige Vorsitzende Joachim Starbatty ist aus der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft ausgetreten. Der Tübinger Wirtschaftsprofessor und Europaabgeordnete der Liberal-Konservativen Reformer (LKR) protestiert damit gegen eine Preisverleihung an Bundeskanzlerin Angela Merkel (29. Juni).

07.07.2018

Von Ioannis Kujumtzidis, Wurmlingen

Herr Starbatty möchte nicht in einem Atemzug mit Frau Merkel genannt werden. Aber hat er sich auch einmal gefragt, ob man überhaupt Frau Merkel mit ihm in einem Atemzug nennen sollte?

Erfahrungsgemäß muss ein Bundeskanzler erst abtreten, um sich für seine wahre Lebensleistung gewürdigt zu wissen. Während seiner aktiven Zeit wird er meistens verkannt und verbrämt. Das war bei Brandt, bei Schmidt und Kohl der Fall, und ist es heute bei Frau Merkel erst recht. Denn auch Frau Merkel wird sich ihres Platzes in der Geschichte sicher sein können, insbesondere wegen ihres Beitrages zum Zusammenhalt Europas in einer Zeit mit äußerst schwieriger finanz-politischer Konstellation.

Fast könnte man behaupten, Frau Merkel sei stets mit dem Reparaturbetrieb eben desjenigen zügellosen Finanz-Kapitalismus zugange gewesen, den auch Herr Starbatty propagierte. Das Etikett „Soziale Marktwirtschaft“ sollte nicht über den Inhalt hinwegtäuschen.

Wir sollten es fairerweise auch bei ihm der Geschichte überlassen, was von seiner Lebensleistung überdauern wird. Als einer der „Väter des Monsters“, als Festlandsaktivist des Brexits, ist er möglicherweise sogar eine Fußnote wert!

So gesehen ist der Wunsch durchaus berechtigt, sich bei der Nennung von Frau Merkel für den Namen dieses Herrn selbst den einen Atemzug zu sparen.