Tübingen/Reutlingen

Arbeitslosenquote steigt durch Fluchtmigration

Seit Juni betreuen die Jobcenter Geflüchtete aus der Ukraine. Für die meisten stehen zunächst Sprachkurse an.

30.06.2022

Von ST

Die Agentur für Arbeit in Tübingen. Bild: Jonas Bleeser

Die Agentur für Arbeit in Tübingen. Bild: Jonas Bleeser

Erstmals seit Januar ist die Zahl der Arbeitslosen im Bezirk der Agentur für Arbeit Reutlingen gestiegen: die Arbeitslosenquote in der Region lag im Juni bei 3,3 Prozent, das sind 0,4 Prozentpunkte mehr als im Vormonat. Insgesamt zählte die Statistik im Juni 9481 arbeitslose Männer und Frauen, das sind 972 mehr als im Mai.

Am 1. Juni erfolgte der Wechsel für Geflüchtete aus der Ukraine vom Asylbewerberleistungsgesetz in die Grundsicherung nach dem SGB II. Seitdem werden die Geflüchteten von den Jobcentern betreut, was zu der deutlichen Zunahme der Zahl der Arbeitslosen führt. Ohne diesen Effekt wäre die Arbeitslosenzahl laut Agentur für Arbeit im Juni leicht zurückgegangen. Im Land stieg die Arbeitslosenquote ebenfalls aus den genannten Gründen: Sie liegt bei 3,5 Prozent (Vormonat 3,2 Prozent).

Damit sind die Auswirkungen des Ukraine-Krieges erstmals in der Arbeitsmarktstatistik sichtbar. Gunnar Schwab, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Reutlingen, ist jedoch zuversichtlich, dass die Jobcenter die momentanen Herausforderungen gut meistern werden. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern sind auf die neuen Aufgaben gut vorbereitet“, so Schwab: „Wir bieten eine frühzeitige, umfassende und ausbildungsadäquate Beratung an, das ist unser Anspruch.“

Arbeitslosenquote steigt durch Fluchtmigration
Die freien Arbeitsstellen schnell mit geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern zu besetzen und damit den Fachkräfteengpass kurzfristig auszugleichen, ist aber nicht so einfach. „Natürlich kann auch eine schnelle Integration in den Arbeitsmarkt gelingen“, so Schwab weiter: Im Regelfall stehen zunächst aber Sprachkurse, sofern vorhanden die Anerkennung der ausländischen Berufsabschlüsse und Kinderbetreuung an. Denn ein Großteil (über 80 Prozent) der gemeldeten Geflüchteten sind weiblich und zwischen 25 und 55 Jahre alt.

Ellen Klaiber, Geschäftsführerin vom Jobcenter Landkreis Tübingen, prognostiziert für die nächsten Wochen einen weiteren Anstieg der Arbeitslosenzahlen. „Durch den Übergang der Geflüchteten vom Asylbewerberleistungsgesetz in die Grundsicherung, der nun nach und nach vollzogen wird, werden wir auch in den nächsten Monaten noch einen spürbaren Zuwachs an Arbeitslosen in den Jobcentern haben.“ Der Zustrom an ukrainischen Geflüchteten lasse inzwischen aber wieder deutlich nach.

„Mit Blick auf den Ukraine-Effekt auf dem Arbeitsmarkt gilt es, die Chancen zu nutzen, die sich aus dem Rechtskreiswechsel und der Arbeitskräftenachfrage ergeben“, fordert Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut. „Denn viele der Geflüchteten wollen arbeiten und ihren Lebensunterhalt selbst verdienen.“