Klare Kante beim Runden Tisch
Arbeitsgemeinschaft Reutlinger Sportvereine fordert für mehr Anerkennung
Mit einem Runden Tisch ist die Arbeitsgemeinschaft Reutlinger Sportvereine (ARS) in die Offensive gegangen. Damit will der Sport mehr Anerkennung erlangen – und mehr Geld bekommen.
Reutlingen. Die Zeiten, in denen der SSV Reutlingen hochklassig kickte und das Tischtennisteam des Vereins deutsche und sogar europäische Spitze war, sind lange vorbei. Heute ist Reutlingen zwischen Basketball- und Volleyball-Bundesliga und Metzingen mit den Bundesliga-Handballerinnen spitzensportliches Niemandsland – und keine Sportstadt mehr, wie der ARS-Vorsitzende Thomas Bader am Dienstagabend beim ersten Runden Tisch mit zwölf Gemeinderätinnen und -räten auf der Achalm klar sagte.
Das sei zwar schade, klagen will der ARS-Vorsitzende darüber aber nicht. Ihm würde schon reichen, wenn Reutlingen zur Sportförderstadt würde. Denn da sehen die Verantwortlichen gewaltigen Nachholbedarf im Vergleich zu den Zuschüssen für die Volkshochschule und die Kultur. So mache der städtische Zuschuss für die VHS 28,4 Prozent der Gesamteinnahmen aus, zitierte ARS-Geschäftsführerin Jutta Fundel aus dem Geschäftsbericht 2014 der Reutlinger Volkshochschule. Die TSG Reutlingen dagegen habe im selben Jahr eine städtische Förderquote von lediglich 6,7 Prozent erhalten.
Deshalb müsse der Sport seine Bedeutung und seine Verdienste stärker betonen. So sei das zivilgesellschaftliche Engagement im Sport am höchsten: In Reutlingen würden 1460 Ehrenamtliche eine Wertschöpfung in Höhe von 3,62 Millionen Euro pro Jahr generieren. Dazu kämen ideelle Werte: Der Sport vermittle Demokratiefunktion und Verantwortungsbewusstsein und engagiere sich für Integration sowie Inklusion. Außerdem sei der Sozialisationsinstanz, die zum Beispiel Jugendlichen bei Entwicklungsbelastungen helfe mit Trainern, die Vorbilder sein können.
Der ARS-Vorsitzende Bader ging auch auf das „knappe Gut Sportstätten“ ein, das nicht noch knapper werden dürfe: Die Auslastung der Reutlinger Hallen liege bei 93 Prozent. „Der Sport hat es geschafft, den Ausfall der Heuss-Halle wegen der Flüchtlingsunterbringung intern zu regeln. Aber jetzt darf nichts mehr passieren, wir sind an der Grenze!“
Da können die ARS-Verantwortlichen nur neidisch Richtung Reutlinger Kulturkonzeption schauen. Denn die wurde von hauptamtlichem Personal erstellt. „Diese Strukturen haben wir aber nicht“, sagt Bader.
Vielmehr habe der weitestgehend ehrenamtlich organisierte Sportbetrieb immer mehr Probleme. So sei das Ehrenamt in leitender Funktion immer schwieriger zu besetzen, qualifizierte Übungsleiter seien immer schwerer zu finden und entsprechend zu bezahlen, Vereinsstrukturen wären in Reutlingen wären nicht mehr.
„76 Sportvereine in der Stadt sind zu viel“
Dazu komme, dass steuerliche, rechtliche und finanzielle Anforderungen an die Vereine wachsen und im Ehrenamt kaum noch zu leisten seien. Zumal die finanzielle Situation vieler Vereine kaum keine weitere Entwicklung ermöglichten und nur noch der Mangel verwaltet werde. Außerdem hat sich die ARS zum klaren Ziel gesetzt, dass die Integration der Flüchtlingen gelingen müsse.
Zu den strukturellen Problemen, die Vereine überall beklagen, kommen auch noch hausgemachte Schwierigkeiten, gibt Bader zu: „Die Sportvereine haben es verschlafen, Mitglieder im Alter zwischen 20 und 50 Jahren zu halten.“ Zudem weist der ARS-Vorsitzende ausdrücklich auf ein spezifisches Reutlinger Manko hin: Die Struktur mit 76 Vereinen, in denen 29 310 Mitglieder 88 Sportarten betreiben können, sei nicht mehr zeitgemäß. Bader stellt deshalb in bemerkenswerter Offenheit klar: „76 Sportvereine im Stadtgebiet Reutlingen sind zu viel.“
Das sind die Wünsche der Sport-Arbeitsgemeinschaft
Beim ersten Runden Tisch hat die Arbeitsgemeinschaft Reutlinger Sportvereine (ARS) den 12 anwesenden Gemeinderätinen und -räten auch gleich folgende Wünsche mit auf den Weg gegeben:
Sanierung der Sporthalle Ohmenhausen
keinen Sanierungsstau bei Sporthallen akzeptieren
Institutionelle Beteiligung des Sports bei Stadtentwicklungsthemen
regelmäßiger Runder Tisch
Sportpolitische Sprecher oder Experten als Ansprechpartner in den Gemeinderatsfraktionen
Aufstockung des städtischen Sportamts durch weiteres Personal
Förderung und Unterstützung von Volkssport-Veranstaltungen wie Stadtlauf oder Sport um Mitternacht
klare Anhebung der Sportförderung in den nächsten Jahren, um die Sportvereine mit anderen gesellschaftlichen Gruppen vergleichbar machen.