Weltkunstschau

Antisemitismus-Eklat: Meron Mendel für Rettung der documenta

Der Leiter der Bildungsstätte Anne Frank warnt davor, alle Künstler in Kassel unter Generalverdacht zu stellen.

28.06.2022

Von dpa

Von einem Abbruch der Documenta hält Meron Mendel nichts. Foto: Swen Pförtner/dpa

Von einem Abbruch der Documenta hält Meron Mendel nichts. Foto: Swen Pförtner/dpa

Frankfurt/Kassel. Auch in der zweiten Woche der „documenta fifteen“ wird die Weltkunstausstellung in Kassel weiter von der Antisemitismus-Debatte überschattet. Meron Mendel, Leiter der Bildungsstätte Anne Frank, hat allerdings davor gewarnt, die gesamte Schau unter Generalverdacht zu stellen. „Jetzt 1500 Künstlerinnen und Künstler als Antisemiten darzustellen, das ist grob falsch“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“ (Montag).

Ein als antisemitisch eingestuftes Kunstwerk des indonesischen Kollektivs Taring Padi war nach wenigen Tagen auf der Documenta abgebaut worden. Mendel hatte als einer der ersten auf dessen judenfeindliche Bildsprache hingewiesen und die Entfernung des großflächigen Banners gefordert. Zuvor hatte es schon seit Monaten Antisemitismus-Vorwürfe gegen das kuratierende Kollektiv Ruangrupa aus Indonesien gegeben.

Nun werden laut Documenta alle weiteren Werke mithilfe externer Experten, darunter auch Mendel, auf antisemitische Inhalte geprüft. Den Zeitpunkt dieser Begutachtung kritisierte Mendel am Montag als „natürlich komplett falsch“. Dieser Prozess wäre in der Zeit der Vorbereitung notwendig gewesen, was offensichtlich nicht passiert sei. Er betonte aber zugleich: „Da kann man sich bockig stellen, und sagen, jetzt müsst ihr halt alles schließen, oder, und das ist meine Haltung, konstruktiv sein und im Interesse von allen Beteiligten diese Documenta noch retten.“

Im schlimmsten Fall könnten Werke entfernt oder auch Künstlerinnen und Künstler ausgeladen werden, erläuterte Mendel – und unterstrich zugleich: „Wir wollen nicht den Zensor spielen, sondern versuchen, die verschiedenen Perspektiven in Betracht zu ziehen und mit den Künstlern zu sprechen. Und im besten Fall einvernehmlich eine Lösung finden.“ Eine Anfrage zum konkreten Ablauf und Stand der Prüfung beantwortete die Documenta bis Montagnachmittag nicht.

Einen Abbruch der Schau hält Meron Mendel nicht für sinnvoll, aber auch nicht für ausgeschlossen. „Wer weiß, was noch geschieht.“ dpa