Wasser marsch!

Angreifen und sichern

Rund 50 Kinder und Jugendliche der Tübinger Feuerwehr probten am Samstag bei der Grundschule Bühl den Ernstfall.

24.10.2016

Von Philipp Koebnik

Mit Sirenengeheul setzen sich die Einsatzwagen der Tübinger Feuerwehr in Bewegung. Sie brauchen nur wenige Augenblicke bis zum Ziel: der Grundschule Bühl. Dort übten rund 50 angehende Feuerwehrleute im Alter zwischen zehn und 17 Jahren am Samstag einen Großeinsatz – und zwar zur vollsten Zufriedenheit ihrer Lehrer, wie der Tübinger Stadtjugendfeuerwehrwart Armin Raab später erfreut feststellte.

Als die Kinder in den Fahrzeugen sitzen, wissen sie zwar ungefähr, was sie erwartet, nicht jedoch, welche Aufgabe ihnen dabei zufallen wird. Als erstes müssen sie einen Brand im Schulgebäude löschen und eingeschlossene Personen retten. Es ist das erste von drei Szenarien, die sie durchspielen.

Dutzende Schaulustige haben sich bereits auf dem Schulhof versammelt, als die Einsatzwagen eintreffen. Am Fenster im zweiten Stock winken Schüler und eine Lehrerin, Schreie sind zu hören. Mit einer Nebelmaschine wird Rauch simuliert. Die einen fahren die Drehleiter aus und führen sie zum Fenster, derweil bereiten andere die Löschung des Brands vor, indem sie Schläuche anschließen und bereitlegen.

Nacheinander bringen zwei Feuerwehrleute die Eingeschlossenen im Korb der Drehleiter auf den sicheren Boden. Ausgerüstet mit Atemschutzmasken und Taschenlampen, wagen sich unterdessen die ersten über den Haupteingang in das vernebelte Gebäude. Sie retten eine verletzte Person, bevor andere den „Löschangriff“ starten.

„Erstes Rohr: Wasser marsch!“, ruft einer – das Signal zum Start. Auf den Angriffstrupp folgt der Sicherungstrupp. Seine Aufgabe ist es unter anderem, zu verhindern, dass sich der Brand ausbreitet. Die jungen Leute gehen konzentriert, aber entspannt vor.

Währenddessen hat das zweite Szenario begonnen. Es gilt, einige Verschüttete aus der Turnhalle zu bergen. Als Trümmer dienen Weichbodenmatten und Turnkästen. Darunter schieben die Kinder Hebekissen, die sie mit Druckluft füllen, um den Schutt anzuheben. Zugleich unterbauen andere die Trümmer mit Holzkeilen und ähnlichem Gerät. Denn sonst könnten sie verrutschen und die Verschütteten zusätzlich verletzen. Auf Bahren festgeschnallt, tragen die Helfer die Verletzten hinaus – für jeden Geretteten zollen die Zuschauer mit Beifall Respekt.

Als letztes heißt es, einen Brand vor dem Hintereingang der Schule zu löschen. Dafür haben einige erwachsene Feuerwehrleute einen stählernen Korb mit Ästen und vertrockneten Sträuchern gefüllt, die sie anzünden. Nun müssen die Jugendlichen also das erste echte Feuer an diesem Tag löschen. Drei Zweierteams postieren sich um die Brandstelle herum und spritzen gleichzeitig mit Wasser. Große Rauchschwaden steigen zum Himmel. Endlich ist auch der letzte Brand gelöscht – und noch einmal gibt es Applaus. Die Jugendgruppen beginnen damit, die Schläuche aufzurollen und das übrige Einsatzgerät aufzuräumen, bevor es schließlich zum gemeinsamen Mittagessen ins Bühler Feuerwehrhaus geht.

Für den elfjährigen Patrice Petrusic war es die erste große Übung, an der er teilgenommen hat. Seit anderthalb Jahren ist er in der Jugendabteilung Stadtmitte. „Das war immer schon mein Traum“, sagt er. „Andere Menschen retten zu können, das ist toll.“ Etwas länger dabei ist Emma Oesterle aus Bühl. Ihr gefallen die actionreichen Übungen, sagt die Zwölfjährige. Außerdem interessiere sie sich sehr für die Technik, die dabei zum Einsatz kommt. Und der 16-jährige Robert Hickmann von der Abteilung Stadtmitte brachte seine Begeisterung für die Feuerwehr so auf den Punkt: „Zusammenarbeiten und anderen Menschen helfen: Das ist einfach mein Ding.“

Angreifen und sichern

Die Tübinger Feuerwehr sucht Nachwuchs

Die verschiedenen Abteilungen der Tübinger Feuerwehr zählen insgesamt 53 Kinder und Jugendliche zu ihren Mitgliedern. Derzeit gibt es sieben Jugendgruppen: Stadtmitte, Lustnau, Derendingen, Bühl, Hagelloch, Hirschau und Unterjesingen.

„Weilheim und Kilchberg haben leider keine Jugendabteilungen mehr“, sagte der Tübinger Stadtjugendfeuerwehrwart Armin Raab. Die übrigen Jugendgruppen seien in den vergangenen Jahren merklich geschrumpft. „Über mehr Nachwuchs würden wir uns also freuen“, betonte Raab.