Tübingen/Steinlachtal

Angeklagter verschollen: Haftbefehl erlassen, Prozess fortgesetzt

Am Freitagmorgen kamen alle Beteiligten des Missbrauchsprozesses wieder im Ausweichsaal des Tübinger Museums zusammen – bis auf den Angeklagten selbst. Der wird seit der Nacht auf Mittwoch vermisst. Er soll seine Pflegetöchter sexuell misshandelt haben.

26.02.2021

Von sja/itz

Symbolbild: Erich Sommer

Symbolbild: Erich Sommer

Wie ein Polizeisprecher dem TAGBLATT am Morgen sagte, seien die Suchaktionen nach dem Vermissten bislang nicht erfolgreich gewesen. Nachdem dieser in der Nacht auf Mittwoch sein Haus im Steinlachtal verlassen hatte und einige Stunden später nicht zum vorletzten Verhandlungstermin erschienen war, suchte die Polizei unter anderem mit Spürhunden und Hubschrauber nach dem 65-Jährigen (wir berichteten).

Am heutigen Freitagmorgen um 9 Uhr kamen die Beteiligten dennoch am coronabedingten Verhandlungsort im Tübinger Museum zusammen. Der Prozess wurde fortgeführt. Man gehe aufgrund der bisherigen Erkenntnisse davon aus, dass sich der Angeklagte abgesetzt hat, so Oberstaatsanwältin Rotraud Hölscher. Unter anderem habe er sein Handy, das er am Wohnort zurückgelassen hatte, vor seinem Verschwinden noch auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt. Dass sich der Mann etwas angetan hat, sei laut der Staatsanwaltschaft unwahrscheinlich. Gegen den 65-Jährigen habe man inzwischen Haftbefehl erlassen.

Eine öffentliche Fahndung mit einem Bild des Mannes lehnen Staatsanwaltschaft und Gericht nach Angaben des Polizeisprechers bislang ab. Die Gründe liegen auf der Hand: Der Angeklagte könnte so in Verbindung mit den Missbrauchsvorwürfen schnell zur öffentlichen Zielscheibe werden.

Der Prozess hatte vor allem auch aufgrund der Vorwürfe gegen das Tübinger Jugendamt bislang für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Das TAGBLATT wird später ausführlich vom heutigen Verhandlungstag berichten. In der kommenden Woche soll dann ein Urteil fallen – auch in Abwesenheit des Angeklagten.