Tanzende Bäume schaffen gutes Stadtklima

An der Uni Hohenheim wurde eine neue Form der Fassadenbegrünung entwickelt

Das ist wahrlich zum Hälseverrenken. Drei mannshohe Ligusterbäumchen wachsen zwischen Gräsern und Nelken – waagrecht an einem Haus. Als wäre das nicht verrückt genug, drehen sie sich auch noch langsam um die eigene Achse.

10.05.2018

Von Caroline Holowiecki

Stuttgart. Aufgeführt wird der Bäumchen-Walzer an einer Fassade auf dem Campus der Uni Hohenheim. Bei der Einweihung am Montag lobte der Rektor Stephan Dabbert: „Das ist Hightech verbunden mit Natur verbunden mit Kunst.“

Der Kniff mit den kreisenden Kübeln ermöglicht, dass die Bäume im Hochkant-Garten nicht ums Eck wachsen. Pflanzen beugen sich stets in Richtung Licht. Dreht man sie aber, bleiben Stamm oder Stengel gerade, und auch die Wurzeln, die sich sonst gen Erdmittelpunkt bewegen, bleiben in der Horizontalen stabil. „Pflanzen orientieren sich an Umweltreizen“, erklärte Alina Schick, durch die Rotation nehme das Grünzeug Lichteinwirkung und Schwerkraft aber anders wahr. Die Biologin hat in Hohenheim promoviert und mit ihrer Firma, dem Start-up Visioverdis, die Drehkübel namens Graviplants zum Patent angemeldet. In der Wand ist neben den Motoren viel Hightech verbaut. Sensoren messen die Bodenfeuchte. Ein Computer gleicht die Daten mit der Wettervorhersage ab und bewässert bei Bedarf vollautomatisch.

Das Ganze sieht nicht nur spektakulär aus, es könnte gerade im Stuttgarter Kessel einen echten Mehrwert haben. Denn Pflanzen binden Kohlendioxid, produzieren Sauerstoff, filtern Feinstaub, schirmen Lärm ab und kühlen durch Verdunstung und Beschattung. In der Landeshauptstadt laufen und liefen mehrere Versuche, durch Grün das Stadtklima zu verbessern. Der bekannteste: die Mooswand. Beim Hohenheimer Sechs-Mann-Start-up glaubt man zudem, dass durch die Rotation – maximal 1,6 Umdrehungen pro Minute – zusätzlich Smog abgeleitet werden kann.

Visioverdis liegen bereits Anfragen aus Asien und dem arabischen Raum vor. Auch Wissenschaftsministerin Theresia Bauer sagte bei der Einweihung angesichts von Klimawandel und Verdichtung der Stadtkerne: „Ich bin überzeugt, das ist relevant für unsere Gesellschaft.“ Im Land werden die Bäumchen weitertanzen. Entwickelt wurde die Garten-Wand 2017 fürs Medienhaus der Evangelischen Kirche. 2019 soll sie auf der Bundesgartenschau in Heilbronn ihre Kreise drehen.

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Erstellt:
10.05.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 57sec
zuletzt aktualisiert: 10.05.2018, 01:00 Uhr

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