Nachts in der Mühlstraße: Busse umfahren Betrunkene

An den Wochenenden wird nicht nur in, sondern auch auf der Mühlstraße gefeiert

Es ist Wochenende, es ist auch nachts noch angenehm warm, es ist mitten im Semester und die Clubs haben bis 5 Uhr geöffnet. In der Mühlstraße herrscht reges Treiben: Sehr viele junge Leute stehen auf dem Fußweg – aber nicht nur dort. Sie blockieren auch den Radweg und der eine oder andere steht oder sitzt auch auf der Straße.

07.06.2018

Von Sabine Lohr

War schon 1971 ein beliebtes Pflaster: So lag dereinst in einer lauen Juni-Nacht um halb Vier in der Früh ein angeheiterter Studiosus vorm Lustnauer Tor und ließ sich von unserem TAGBLATT-Fotografen ablichten. Heute geht’s um mehr als nur den einen Feierlustigen, um zunehmenden Lärm und zahlreiche Gefahren. Archivbild: Grohe

War schon 1971 ein beliebtes Pflaster: So lag dereinst in einer lauen Juni-Nacht um halb Vier in der Früh ein angeheiterter Studiosus vorm Lustnauer Tor und ließ sich von unserem TAGBLATT-Fotografen ablichten. Heute geht’s um mehr als nur den einen Feierlustigen, um zunehmenden Lärm und zahlreiche Gefahren. Archivbild: Grohe

Andere queren die Straße, weil sie sich gerade einen Döner oder einen Hotdog geholt und sich mit Getränken versorgt haben oder sich damit versorgen wollen. Vor dem „Schwarzen Schaf“ sitzen auf dem Bordstein entspannte Studenten, die Beine auf die Fahrbahn ausgestreckt. Es ist laut. Es wird gekreischt, gelacht, geschrien, gegrölt. Bierflaschen fliegen scheppernd um oder werden auf dem Gehweg oder der Straße zerschlagen, Verpackungsmüll liegt herum. Es ist eine inzwischen übliche Szenerie an den Wochenenden.

Am letzten Mai-Wochenende muss es besonders schlimm gewesen sein. Henning Zierock, der am Lustnauer Tor wohnt und das nächtliche Treiben dort direkt mitbekommt, berichtet davon, dass sich „betrunkene, junge Leute mitten auf die Straße“ gesetzt hätten und Lastwagen, Busse und Taxis, die in den frühen Morgenstunden schon unterwegs waren, jeweils auf die andere Straßenseite hätten ausweichen müssen. Betrunkene Radfahrer seien gestürzt und auf der Straße liegen geblieben, bis ihnen geholfen worden sei.

Die Stadtwerke bestätigen das: „Insbesondere in den Nächten von Donnerstag bis Sonntag treffen unsere Nachtbus-Fahrer verstärkt dort immer wieder teilweise auch größere Menschentrauben an, die zum Teil bis auf die Fahrbahn hinaus sitzen“, sagt Pressesprecher Ulrich Schermaul. Die Busfahrer würden im Schritttempo um die Gruppen herum fahren oder anhalten, um zu warten, bis sich die Trauben aufgelöst oder auf den Gehweg zurückgezogen hätten. Zu Unfällen sei es bislang nicht gekommen – und auch Verspätungen gebe es deshalb nicht.

Nach Zierocks Beschwerde hat die Stadt reagiert. „Rainer Kaltenmark und Rainer Letsche vom Ordnungsamt waren jetzt am Wochenende in den Nächten unterwegs und haben mit den Betreibern der Clubs, der Imbisse, den Sicherheitskräften und auch den Gästen gesprochen“, berichtet die Erste Bürgermeisterin Christine Arbogast. Vor allem bei den Gästen seien Rainer Kaltenmark und Letsche umso mehr als Spaßbremse angekommen, je höher der Alkoholpegel der Clubbesucher gewesen sei. „Wir haben dann halt versucht zu erklären, dass es in der Mühlstraße verschiedene Interessen gibt und die Clubs nur wegen der Toleranz der Anwohner so lange aufhaben dürfen“, sagt Kaltenmark.

Das Problem sei, so Arbogast, dass sich in jüngster Zeit viele Essensläden in der Mühlstraße angesiedelt hätten, die ihre Getränke auch nach draußen verkaufen – teilweise bis 5 Uhr morgens. Und auch, dass die Lebensmittelgeschäfte nachts wieder Getränke verkaufen dürften, trage „nicht unbedingt zur Lösung des Problems“ bei. Manche derjenigen, die in der Mühlstraße feiern, seien keine Gäste der Clubs oder Bars, sondern würden sich ihre Getränke eben mitbringen und dann dort feiern – draußen.

Dennoch: „Die Betreiber müssen Verantwortung übernehmen“, findet Arbogast. So legte Kaltenmark dem „Ribingurumu“, vor dem in den Sommernächten immer besonders viele Leute stehen, nahe, Türsteher zu engagieren.

Bei wohlmeinenden Gesprächen alleine bleibt es aber nicht. Arbogast und Kaltenmark haben eine Drohung, die helfen könnte: „Wenn’s nicht funktioniert, bleibt nur die Verlängerung der Sperrzeiten“, sagt Arbogast. Dann dürfen das „Last Resort“, das „Ribingurumu“, das „Schwarze Schaf“ und auch die Imbisse eben nicht mehr bis 4 oder 5 Uhr morgens geöffnet haben, sondern nur noch bis 2 oder 3 Uhr.

Das „Schwarze Schaf“ hat bereits reagiert und auf Instagram seine Gäste um Ruhe gebeten und darum, den Aufenthalt auf der Straße zu meiden. In zehn Tagen wird es ein weiteres Gespräch zwischen Arbogast, Kaltenmark und den Betreibern der Clubs und Imbisse in der Mühlstraße geben – tagsüber in einer gemeinsamen Runde.

Beschwerden auch aus der Innenstadt

Von „brüllenden Horden“ in der Altstadt berichtet Gerhard Oberlin, der in der Altstadt wohnt, in einem Brief an OB Boris Palmer. Oberlin wirft der Verwaltung vor, nichts gegen den Nachtlärm an den Wochenenden zu unternehmen. Oberlin berichtet von einer „entstehenden BI Nachtruhe“. Auch aus der Haaggasse gibt es immer wieder Beschwerden über den nächtlichen Lärm. Nur in der Mühlstraße aber gefährden die Feiernden den Verkehr und damit sich selbst.

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Erstellt:
07.06.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 00sec
zuletzt aktualisiert: 07.06.2018, 01:00 Uhr

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