Archäologie

Alte Felskunst jünger als gedacht?

Experten präsentieren 2014 eine Tierdarstellung der Altsteinzeit im Hunsrück. Das scheint zweifelhaft.

15.06.2021

Von DPA

Der Archäologe Wolfgang Welker macht mit einer Lampe die Felsgravuren sichtbar. Foto: Thomas Frey/dpa

Der Archäologe Wolfgang Welker macht mit einer Lampe die Felsgravuren sichtbar. Foto: Thomas Frey/dpa

Gondershausen. Vor sieben Jahren haben Archäologen im Hunsrück die angeblich älteste bekannte Felskunst Deutschlands vorgestellt: 20 000 bis 25 000 Jahre sei sie alt – ein „Glücksfall“. Zu erkennen sind drei Pferde und ein unbestimmtes Tier. Gesucht wurde seinerzeit ein Konzept zur Erhaltung und Präsentation des Kunstwerks. Doch heute sagt der Gondersheimer Ortsbürgermeister Edgar Pinger (parteilos): „Die Seifenblase ist geplatzt.“ Denn längst gibt es Zweifel, ob die Felskunst nahe seinem Dorf tatsächlich aus der Altsteinzeit stammt.

Der studierte Archäologe und Lehrer Wolfgang Welker hat wissenschaftliche Artikel über die Gravuren veröffentlicht und sagt: „Wir können das Alter nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden bestimmen.“ Nur eine archäologische Datierung etwa „über den Stil und die Bildsprache“ helfe weiter. Details wie ein verdrehter Vorderhuf oder die Art der Darstellung zweier Pferde hintereinander seien „typisch für die Altsteinzeit“. Auch relative Vergleiche mit den Verwitterungsspuren anderer historischer Felsritzungen im Hunsrück deuteten auf ein hohes Alter hin. Zum Einwand, Felsbilder könnten hierzulande die Eiszeit nicht überlebt haben, bemerkt Welker: „Es gibt deutliche Hinweise, dass das Felsbild über mehrere Tausende Jahre geschützt in einer Lössdecke gelegen haben kann.“

Der stellvertretende Leiter des Archäologischen Forschungszentrums und Museums für menschliche Verhaltensevolution Monrepos in Neuwied, Olaf Jöris, sagt hingegen, die Felskunst sei zwar alt, aber keinesfalls altsteinzeitlich. Monrepos, Teil des Mainzer Römisch-Germanischen Zentralmuseums, hat sie unter die Lupe genommen. Nichts habe auf ein Alter von 25 000 Jahren hingedeutet, sagt Jöris. Es gebe etwa keine überlappenden Linien: „Das spricht nicht für altsteinzeitliche Kunst.“ Vor allem aber „können Sie beinahe zuschauen, wie schnell Schiefer verwittert“. Regenwasser könne in Schieferlagen eindringen und sie bei Temperaturwechsel aufplatzen lassen.

Jöris hält es immerhin für möglich, dass die Pferdedarstellung vielleicht um die zwei Jahrtausende alt sein könnte. Jens Albes

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Erstellt:
15.06.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 55sec
zuletzt aktualisiert: 15.06.2021, 06:00 Uhr

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