80 Dollar und ein Kuba-Urlaub für Gold der DDR-Fußballer bei Olympia 1976 in Montreal

Als Wilfried Gröbner mit den Sozialisten siegte

Vor 40 Jahren hat die Fußball-Nationalelf der DDR olympisches Gold in Montreal gewonnen. Der Ex-Internationale Wilfried Gröbner erinnert sich.

05.08.2016

Von THOMAS GOTTHARDT

Wilfried Gröbner (links) wurde im olympischen Fußball-Finale gegen Polen rund 20 Minuten vor Schluss eingewechselt und sorgte mit für den 3:1-Sieg. Foto: Imago

Wilfried Gröbner (links) wurde im olympischen Fußball-Finale gegen Polen rund 20 Minuten vor Schluss eingewechselt und sorgte mit für den 3:1-Sieg. Foto: Imago

Ulm. Wilfried Gröbner erzählt und erzählt, als sei das, worüber er erzählt, erst vor wenigen Tagen passiert. Haargenau die Erinnerungen, die kleinsten Begebenheiten haben sich im Gedächtnis festgesetzt. Es war halt etwas ganz Besonderes, „etwas, was ich nie vergessen werde“, sagt der 66-Jährige.

40 Jahre ist es her, dass die Fußball-Nationalmannschaft der Deutschen Demokratischen Republik bei den olympischen Sommerspielen 1976 in Montreal die Goldmedaille gewonnen hat. Das war für die DDR-Staatsamateure der größte Erfolg in dieser Disziplin. Am 31. August besiegte das Team von Trainer Georg Buschner Polen mit 3:1. Gröbner kam im Endspiel nach 68 Minuten zu seinem ersten Einsatz in Kanada. „Als Lato den Anschlusstreffer zum 1:2 erzielt hatte, sprang Buschner auf und rief: Mach dich fertig“, schildert Gröbner den Moment. An diesem Tag holte übrigens auch Waldemar Cierpinski für die DDR Gold im Marathon – und wurde im anderen Teil Deutschlands ungleich euphorischer gefeiert als die Kicker.

Allrounder Gröbner sollte wieder etwas mehr Ruhe ins Spiel des Kollektivs bringen. Was ihm auch gelang. Reinhard Häfner erzielte in der 84. Minuten mit dem 3:1 den Endstand. Die Überraschung gegen den WM-Dritten von 1974 war perfekt.

Dabei war der Start in das Turnier nur bedingt gelungen. Nach einem Trainingslager in Schweden traf die DDR im ersten Gruppenspiel auf die Olympia-Auswahl Brasiliens und kam „nur“ zu einem 0:0, was in DDR-Funktionärskreisen als große Blamage angesehen wurde. DDR-Sportchef Manfred Ewald war völlig außer sich und drohte damit, die Mannschaft sofort nach Hause zu schicken. Gröbner muss lachen, wenn er sich daran erinnert: „Das hätte der sowieso nicht gemacht. Aber das hat gezeigt, dass viele im Umfeld der Mannschaft vom Fußball keine Ahnung hatten.“

Das war tatsächlich ein Problem. Der Fußball hatte in der DDR, zumindest in der Politik, keinen hohen Stellenwert. So war zum Beispiel der Fußball-Chef und Delegationsleiter ein gewisser Werner Lempert, der aus dem Kanusport kam und selbst noch in Montreal, wohlgemerkt als Fußball-Delegationsleiter, morgens im Kampfgericht der Wildwasserkanuten saß. Das alleine zeige doch, wie ernst wir genommen wurden, sagt auch heute noch Winfried Gröbner, der viele Jahre lang Trainer und Manager beim SSV Reutlingen war und später als Scout für Wolfsburg und Nürnberg bis 2014 gearbeitet hat.

Es hagelte dennoch Orden nach dem Olympiasieg. Urkunden für die „Meister des Sports“ und „Verdiente Meister des Sports“ wurden massenhaft vergeben für die DDR-Sportler, die in der Medaillenwertung hinter der UdSSR Rang zwei belegten. Der „Vaterländische Verdienstorden in Bronze“ kam dazu. Und: als Prämie 80 kanadische Dollars. „Das war für uns richtig viel“, merkt Gröbner an. Zehn Mark für jeden Tag im Nichtsozialistischen Währungsgebiet (NSW) gab es obendrauf. Ein Jahr später durften die DDR-Sportler mit ihren Familien auch noch rund 14 Tage nach Kuba. Eine Strecke mit der „MS Völkerfreundschaft“, eine mit dem Flugzeug. Nur die Fußballer, schon damals im Terminstress, duften hin und zurück fliegen. „Das war ein richtig schöner Urlaub“, erinnert sich Gröbner.