Grüne

Als Rollstuhlfahrerin im Bundestag

Die neu gewählte Sozialexpertin Stephanie Aeffner aus Eppelheim will die Inklusion vorantreiben.

19.11.2021

Von epd

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Stephanie Aeffner.

Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Stephanie Aeffner.

Berlin/Pforzheim. Stephanie Aeffner aus Eppelheim (Rhein-Neckar-Kreis) ist die erste Frau im Rollstuhl, die in den Bundestag gewählt wurde. Die Grünen-Politikerin (45) sitzt bei den Koalitionsverhandlungen in der Gruppe „Sozialstaat, Grundsicherung, Rente“ mit am Tisch – und macht deutlich, dass Inklusion noch längst nicht selbstverständlich ist.

Auch wenn mit Wolfgang Schäuble (CDU) seit Jahren ein prominenter Rollstuhlfahrer im Parlament vertreten ist, betont Aeffner, dass es noch ein weiter Weg bis zur Verwirklichung der Inklusion auf allen politischen Ebenen sei. Das betreffe auch die Berliner Politik. Beispielsweise sei es für sie sehr schwierig, eine Reise mit der Deutschen Bahn zu organisieren. Sie müsse sich mindestens 24 Stunden zuvor anmelden, und auch dann sei nicht immer sicher, ob sie an den Bahnsteigen in den Zug eingeladen werde. Dauere eine wichtige Sitzung länger, könne sie nicht einfach spontan einen anderen Zug nehmen. „Solche Probleme hole ich in den Raum“, so die Abgeordnete für den Wahlkreis Pforzheim.

Von 2016 bis zu ihrer Wahl in den Bundestag war Aeffner Landes-Behindertenbeauftragte in Baden-Württemberg. In dieser Zeit habe einiges verändert werden können, weil das Bundesteilhabegesetz umgesetzt werden musste – Erfahrungen aus dieser Zeit nehme sie mit nach Berlin.

Nach dem Abitur studierte Aeffner vier Jahre Medizin, musste aber die Uni aus gesundheitlichen Gründen verlassen: Seit 1999 ist sie wegen einer Muskelerkrankung auf den Rollstuhl angewiesen. Sie wechselte das Studienfach und wurde Sozialarbeiterin. Später arbeitete sie nach einer Zusatzausbildung als Qualitätsmanagerin in einem Krankenhaus.

Aeffner kann sich gut vorstellen, künftig im Petitionsausschuss tätig zu sein, weil sie sich dort mit den Themen beschäftigen kann, die die Bevölkerung bewegen. „Ich finde es wichtig, dass ich weiterhin an die Lebenswelt der Menschen angebunden bin und merke, wo die Probleme liegen.“ Und fügt hinzu: „Als Politikerin führe ich schon ein Leben, das ein bisschen irre ist. Man hat ja kaum noch Zeit, einen normalen Alltag zu leben und zum Beispiel in den Supermarkt zu gehen.“

Wenn sie dann doch mal frei hat, ist Aeffner gerne in der Natur unterwegs. „Da kann ich gut abschalten.“ Weil es als Rollifahrerin schwierig sei, auf so manche Berge und Orte abseits des Wegs zu kommen, fahre sie gerne Kanu. „Im Wasser gelangt man an Stellen, an die man sonst nicht hinkommt, und kann die Ruhe genießen.“ Manchmal habe sie auch Lust darauf, sich abzureagieren. „Dann gehe ich unglaublich gerne tanzen.“ epd