Erstaufnahmestelle Tübingen

Allgemeinheit nicht gefährdet: Aids-Hilfe gegen Zwangstests

Der Verein fordert freiwillige Angebote in der Erstaufnahmestelle (EA). Er sieht „definitiv“ keine Gefährdung der Allgemeinheit.

15.07.2019

Von ran

Die Erstaufnahmestelle (EA) in der Tübinger Wilhelm-Keil-Straße. Archivbild: Ulrich Metz

Die Erstaufnahmestelle (EA) in der Tübinger Wilhelm-Keil-Straße. Archivbild: Ulrich Metz

„Zwangstests schützen nicht vor Infektionen.“ Das ist die Position der Aidshilfe Tübingen-Reutlingen. Der Verein widerspricht der Auffassung des Arztes Dr. Martin Kaiser, in der Erstaufnahmestelle des Landes (EA) für besonders Schutzbedürftige gebe es „eine echte Gefährdung für die Frauen und für die Allgemeinheit“. Dr. Kaiser kam zu diesem Schluss, weil selbst positiv auf HIV getestete Frauen zum Teil monatelang nicht mit Medikamenten behandelt werden und keine routinemäßigen Tests möglich sind.

„Eine Gefährdung der Allgemeinheit liegt definitiv nicht vor“, erklärt dagegen die Aids-Hilfe. Selbst nichtbehandelte HIV-positive Frauen und Männer seien im alltäglichen Umgang nicht ansteckend. Auch deren Kinder stellten keinerlei Risiken dar.

Das einzige Risiko bei nichtbehandelten Betroffenen sei ungeschützter Sexualverkehr und die gemeinsame Nutzung von Spritzen. Aids-Hilfe-Mitarbeiterinnen seien regelmäßig vor Ort in der EA. Die Zusammenarbeit mit dem medizinischen Personal funktioniere nach anfänglichen Schwierigkeiten recht gut.

Die Aids-Hilfe wünscht sich in der EA „ein niedrigschwelliges HIV-Testangebot“, ohne dass dies vorher beim Regierungspräsidium beantragt werden muss“. Dieses Testangebot müsse „absolut freiwillig sein“. Nach Erscheinen unseres Artikels hatte etwa Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer verbindliche Tests auf Hepatitis und HIV in der EA gefordert. Zwangstest verletzten jedoch das Recht auf körperliche Unversehrtheit, so die Aidshilfe. Bayern sei das einzige Bundesland, das solche Zwangstests trotz massiver Kritik durch Mediziner durchführe.

Sie kosteten nur Geld und trügen zur Stigmatisierung von Flüchtlingen bei. Stattdessen solle man „das Konzept der Präventionsarbeit, die auf Wissen und Niedrigschwelligkeit basiert und mit dem man in Deutschland seit dem Aufkommen der Aids-Epidemie in den 80er Jahren sehr gut gefahren ist, fortführen“: Nicht Zwangstests verhinderten Infektionen, sondern Wissen um Übertragungswege und Kondome. Für die Frauen in der EA wünsche man sich abschließbare Zimmer zum Schutz ihrer Privatsphäre und Küchencontainer, damit sie mit ihren Kindern selbst kochen können: „Und wir fordern einen Stopp der Abschiebungen von therapiebedürfigen Frauen nach Italien (Dublin III), wo sie keinerlei Versorgung haben.“

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Erstellt:
15.07.2019, 19:15 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 00sec
zuletzt aktualisiert: 15.07.2019, 19:15 Uhr

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