Gesundheit

Ärztepräsident warnt vor nächster Pandemie

Klaus Reinhardt will Reserven für Material und Medikamente, feste Krisenstäbe und verpflichtende Notfallübungen. Und er hält an einem flächendeckenden System fest.

05.05.2021

Von Hajo Zenker

Erstmals online: Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, auf dem 124. Deutschen Ärztetag. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Erstmals online: Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, auf dem 124. Deutschen Ärztetag. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin. Die Fähigkeit Deutschlands, auf eine Krise wie die Corona-Pandemie zu reagieren, muss nach Ansicht von Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, „dringend optimiert werden“. Er verwies auf dem 124. Deutschen Ärztetag, der erstmals rein digital abgehalten wird, darauf, dass ein Bericht der Bundesregierung von 2012 eine sehr ähnliche Pandemie bereits vorhergesehen habe – passiert sei jedoch nichts. „Wir können und wir sollten also beim nächsten Mal besser vorbereitet sein.“ Reinhardt forderte Reserven für medizinisches Material und Medikamente, feste Krisenstäbe und verpflichtende Notfallübungen.

Gleichzeitig betonte der Ärztepräsident, dass das deutsche Gesundheitswesen zwar enorm belastet, aber im Gegensatz zu anderen Ländern „zu keinem Zeitpunkt überlastet“ gewesen sei. Man müsse deshalb leistungsstarke Strukturen erhalten und ausbauen, statt sie, wie von einigen immer wieder gefordert, auszudünnen und auf reine Kosteneffizienz zu trimmen: „Erst kommt der Patient und dann der Profit.“

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) würdigte auf der Veranstaltung die flächendeckende Gesundheitsversorgung. Neun von zehn Covid-Patienten seien von niedergelassenen Ärzten versorgt worden. „Dass wir nicht wie die USA in Einkaufszentren und Tankstellen impfen, liegt auch daran, dass wir ein großes Netz an medizinischen Einrichtungen haben.“ Allerdings heiße das für ihn nicht, die Strukturen unverändert zu lassen, etwa bei den Krankenhäusern. Bessere Vernetzung und bessere Aufgabenteilung seien nötig.

Nicht jede Klinik könne alles machen. Das sei eine Frage der Qualität und damit der Gesundheit der Patienten. Für Klaus Reinhardt ist ein Netz aufeinander abgestimmter Krankenhäuser allerdings nur möglich, wenn es eine bundesweit gültige Klinikplanung gebe – die Bundesländer würden ihren Verpflichtungen seit 20 Jahren nur unzureichend nachkommen.

E-Rezept lieber verschieben

Der Ärztepräsident warnte „vor einer zu engen Taktung bei der Digitalisierung“. Die von Spahn bei der elektronischen Patientenakte gesetzten Fristen seien kaum zu halten – angesichts von Softwareproblemen und Lieferschwierigkeiten. Daher solle man das E-Rezept verschieben und angedrohte Sanktionen für die Praxen, die nicht rechtzeitig am Netz seien, streichen.

Spahn sagte zu, dass es keine Einbußen für die niedergelassenen Ärzte geben werde, wenn objektive Gründe die Einhaltung von Fristen verhinderten. Grundsätzlich verteidigte er mehr Tempo in der Digitalisierung. Man dürfe im sensiblen Gesundheitsbereich das Feld nicht den nichteuropäischen Anbietern überlassen. Generell, das habe Corona gezeigt, gebe es eine viel zu große Abhängigkeit von China. Dagegen müsse man etwas tun.