Sportpolitik

Abschied von Alfons Hörmann: Höchste Zeit für eine Zäsur

An der Spitze des deutschen Sports ist ein Gemischtwarenhandel entstanden, der im eigenen Saft kocht. Mit einem neuen Chef auf Bewährung soll alles besser werden.

22.09.2021

Von sid

Sein Abschied naht: Alfons Hörmann. Foto: Michael Kappeler

Sein Abschied naht: Alfons Hörmann. Foto: Michael Kappeler

Ein Präsident auf Probe soll den organisierten Sport in Deutschland neu gestalten. Der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Alfons Hörmann an der Spitze des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) wird zunächst nur für ein Jahr gewählt. Dennoch soll von der Mitgliederversammlung am 4. Dezember in Weimar „ein Zeichen des Aufbruchs“ ausgehen, ein Neustart für den Dachverband, der für etliche Beobachter an der Basis zu lange „im eigenen Saft gekocht“ hat, wie es Ingo Weiss, der Sprecher der mächtigen Spitzensportverbände, am Dienstag ausdrückte.

Die Liste der Probleme im Deutschen Olympischen Sportbund ist lang geworden, für diese Erkenntnis hätte es die drei Arbeitsgruppen „Inhalte“, „Struktur, Satzung, Ordnung“ und „Personal“ nicht gebraucht, die von den Verbändegruppen installiert worden waren. Das schlechte Verhältnis zum IOC, zur Politik, zu den Medien und einigen Mitgliedsorganisationen ist Teil der Bestandsaufnahme, die Weiss zu dem Schluss bringt: „Jetzt ist es Zeit, eine Zäsur vorzunehmen.“

Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses im Bundestag, drückte es deutlicher aus: „Der DOSB steht vor der großen Aufgabe, Vertrauen bei einer Vielzahl von Stakeholdern zurückgewinnen zu müssen.“ Die SPD-Politikerin hat große Zweifel, dass dies mit der derzeitigen Struktur überhaupt gelingen kann. „Der DOSB wirkt auf mich in seiner jetzigen Aufstellung eher wie ein Gemischtwarenladen oder ein träger Tanker“, sagte sie: „Da dauert es häufig zu lange, das Sortiment zu durchstöbern oder den Kurs zu wechseln.“

Monatelange Tagungen

So waren auch die drei Arbeitsgruppen, die drei Monate tagten, mit Vertretern der Spitzensportverbände, der Landessportbünde und der Verbände mit besonderen Aufgaben besetzt. Herausgekommen ist ein Zwölf-Punkte-Plan, in dem Themen wie Schulsport oder Anti-Doping-Kampf genauso behandelt werden wie der Schutz vor sexueller Gewalt oder die Sichtung von Talenten. Bis Ende Oktober sollen die „Handlungsempfehlungen“ stehen.

„Wir sind davon überzeugt, dass auch die künftige Weiterentwicklung des DOSB aus der Mitte des Verbands kommen und von der Breite seiner Mitglieder getragen werden muss“, sagte der scheidende Präsident Alfons Hörmann und dankte allen Beteiligten für ihr Engagement. In der Mitteilung des DOSB hieß es aber auch: „Viele der von den Verbändegruppen adressierten Punkte waren in der Vergangenheit bereits Gegenstand der verbandsinternen Diskussionen.“

So auch die Nachwahlen im Dezember. Dafür hat sich die Findungskommission, die unter der Leitung des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff in Zusammenarbeit mit einer Personalagentur Kandidatinnen und Kandidaten für die Hörmann-Nachfolge sucht und prüft, zum Ziel gesetzt, bis Mitte November einen Vorschlag zu präsentieren. Es werde eine „Persönlichkeit“ gesucht, die von allen getragen werde, sagte Jörg Ammon, Sprecher der Landessportbünde. Eine Kampfabstimmung in Weimar könnte so vermieden werden.

Wer auch immer auf Hörmann folgt, der sein Amt nach einer Empfehlung der Ethikkommission zur Verfügung stellt, muss sich ein Jahr lang beweisen. Laut Satzung handelt es sich im Dezember um eine Nachwahl, erst 2022 wird dann für eine vierjährige Periode gewählt.

Alleine wird er oder sie die Probleme ohnehin nicht meistern. „Der Neuanfang müsste aus meiner Sicht auch Auswirkungen auf den Bereich des Vorstandes haben, der natürlich eine Mitverantwortung für den derzeitigen Zustand des DOSB trägt“, sagte Freitag.

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Erstellt:
22.09.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 36sec
zuletzt aktualisiert: 22.09.2021, 06:00 Uhr

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