in Tübingen Ausstellung

70 Jahre Flüchtlingskonvention: An der Grenze zu Europa

Zum 70. Jahrestag der Genfer Flüchtlingskonvention sind rund um das Asylzentrum Tübingen bis Anfang Oktober 16 Schautafeln aufgestellt.

05.08.2021

Von Thomas Rahmann

Über Flucht und Vertreibung informiert das Asylzentrum Tübingen in der Neckarhalde 40. Bild: Ulrich Metz

Über Flucht und Vertreibung informiert das Asylzentrum Tübingen in der Neckarhalde 40. Bild: Ulrich Metz

Das schweißnasse Gesicht eines jungen Mannes, auf dem sich Schatten eines Zaunes legen. Vor seinem Gesicht NATO-Stacheldraht, vor dem bunte Lichtreflexe schimmern. Seine geöffnete, schlaffe Hand hebt sich im Hintergrund auf Kopfhöhe. Dies ist das Bild, das einem auf der ersten Schautafel der Ausstellung „Grenzerfahrungen – Wie Europa gegen Schutzsuchende aufrüstet“ begegnet. 16 Tafeln sind es insgesamt, die rings um das Asylzentrum in der Tübinger Neckarhalde hängen.

Klarer Widerspruch

„Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten arbeiten seit Jahren darauf hin, den Zugang zum Recht auf Asyl insbesondere an den EU-Außengrenzen faktisch abzuschaffen“, heißt es auf einer der Tafeln. Dies stehe, so schreibt das Asylzentrum in einer Mitteilung, in klarem Widerspruch zur Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) vom 28. Juli 1951, die Menschen vor Gewalt und Verfolgung auf der Flucht und der „Zurückweisung in das Land ihrer Bedrohung“ schützen soll. Die GFK müsse zudem angesichts möglicher neuer Fluchtursachen weiterentwickelt werden, lautet die Forderung der Mitarbeiter des Asylzentrums.

Die Ausstellung ist gleichzeitig ein Beitrag zur Interkulturellen Woche, die vom 26. September bis 3. Oktober in Tübingen geplant ist. Auf den Schautafeln, die am Zaun um das Asylzentrum im Freien aufgehängt sind, wechseln sich großformatige Fotografien und Informationen ab. So werden beispielsweise Fluchtursachen aufgelistet oder es ist eine Karte mit befestigten Landgrenzen und Überwachungsoperationen auf See zu sehen. Auch Prozentangaben zur Häufigkeit angewendeter Gewalt bei sogenannten „Push-Backs“ auf der Balkanroute zwischen Anfang 2017 und Anfang 2021 finden sich auf einer der Tafeln.

Mit „Push-Backs“ bezeichnet man das Zurückdrängen von Migranten und Migrantinnen an den Grenzen. Fast drei Viertel von ihnen hätten Schläge abbekommen, fast 60 Prozent seien ausgeraubt worden und gut jeder Zehnte sei beschossen worden.

Vorwürfe gegen Grenzagentur Frontex

In Bezug auf die Militarisierung der EU-Außengrenzen wird vor allem die Grenzagentur „Frontex“ angeprangert, deren Budget innerhalb der letzten 15 Jahre von 19 Millionen Euro auf 544 Millionen gestiegen sei.

Auf dem letzten Bild der Ausstellung ist das Wort „Hope“ abgebildet – in Großbuchstaben in den schwarzen Lack eines Schildes an der griechisch-mazedonischen Grenze hineingekratzt. Das Schild steht auf einer Art Brachfläche, auf der auch ein paar weiße Blumen blühen. Im Hintergrund führen Bahnschienen in die Ferne.

Nach den vielen erschreckenden Bildern und Fakten mag man dieses Abschlussbild kaum mehr aufnehmen.