Fasnet

60 Jahre und kein bisschen weise

60Jahre vereinsorganisierte Narretei feierten die Ergenzinger am Wochenende. Von Samstagfrüh bis zum Sonntagabend drehte sich in „Klein-Paris“ alles um die fünfte Jahreszeit. Ein Handwerkermarkt zeigte traditionelle sbräuche.

05.02.2018

Von Dunja Bernhard

Zum 60. Geburtstag luden sich die Ergenzinger Narren reichlich Gäste ein. Diese kamen gern und brachten auch Geschenke mit. So stellte die Patenzunft Seebronn am Samstagmittag den Narrenbaum in der Ortsmitte auf.

Da hatten sich die Narren schon mit Frühstück im Gasthaus „Waldhorn“ gestärkt. Eine kräftige Grundlage kann nie schaden. Das Programm des Tages war noch lang.

Zunächst lohnte ein Rundgang über den Handwerkermarkt. Matthäus Steinert war extra aus Gammertingen angereist – „gewöhnlich fahre ich nicht so weit“ –, um die Handwerkskunst des Besenbindens zu zeigen. Der frühere Waldarbeiter schwört auf Heckenkirschreisig als Material. „Die Fürsten gewähren mir in ihren Wäldern freies Schneiden.“ Die Heckenkirsche sei eigentlich Unkraut. Das Gerät zum Binden konstruierte er selbst. Die Stäbe bearbeitet er ebenfalls selbst: putzen, entrinden und schleifen. Nicht nur Hexen stehen die Besen gut. „Früher waren sie aus der Landwirtschaft nicht wegzudenken“, sagt Steinert. Damit habe man den Hof sauber gehalten.

Matthäus Steinert zeigte wie man Reisigbesen herstellt.

Matthäus Steinert zeigte wie man Reisigbesen herstellt.

Josef Baur aus Bierlingen ließ sich beim Maskenschnitzen über die Schulter schauen. Zwei bis drei Tage arbeite er an einer einfachen Maske aus Lindenholz, erzählte er. Bei aufwendigen Gesichtern dauere es noch wesentlich länger. Als Farbe verwendet er wasserlösliche Acrylfarbe, „damit die Holzstruktur sichtbar bleibt“. Zwischen 250 und 400 Euro kostet das fertige Stück. „Ein hoher Stundenlohn kommt da nicht bei raus.“

Die Häser bemalen viele Weißnarren selbst. Wie es geht, konnten Marktbesucher sich an einem anderen Stand anschauen. Die Ergenzinger Zunft hat keinen Weißnarr. Die Lausbühlhexen zeigten wie sie Strohschuhe fertigten. Pfarrer Klaus Rennemann wickelte derweil eine Bommel für das Stricker-Kostüm. Nebenan konnten Kinder das Bemalen von Masken an Gipsmodellen üben.

Der Markt kam bei den Besuchern sehr gut an. Ergenzingen versteht sich eben aufs Marktbeschicken, schließlich hat es seit 229 Jahren Marktrecht.

Feiern können die Ergenzingen aber auch. Wie das geht, zeigten zunächst die Jüngsten. Sie präsentierten Brauchtumstänze. Anschließend ging es im Umzug durch den Flecken und in die Breitwiesenhalle zur Kinderfasnet.

Zum „Geburtstagsumzug“ am Sonntagmittag kamen 31 Narrenzünfte und rund 1500 Hästräger. Mehrreihig standen die Zuschauer an der Umzugsstrecke durch die Ortmitte. 5000 werden es gewesen sein, doch waren nur die wenigsten kostümiert. Das „Narro“ hätte auch etwas schmissiger kommen dürfen. Vielleicht war der Flecken nach Dämmerumzug und Narrenparty am Vorabend auch etwas müde. Oder es lag am wenigen Konfetti und Stroh, denn darauf bitten die Veranstalter zu verzichten. Ja, wie sollen die Umzugsläufer denn dann noch die Zuschauer narren?

Die Weitinger Bettschoner steckten langhaarige Frauen in das mitgebrachte Bett und legten sich dazu. Anschließend ging es in luftiger Höhe über die Strecke: Nette Aussicht, aber ganz schön wackelig. Ihren Schabernack trieben etliche Hexengruppen. Eine Mühringer Hex hatte in der Kiepe gar den Hexennachwuchs geschultert. Die Dettenseer Hexen bauten einen mobilen Narrenbaum, und flugs kletterte die Oberhexe hinauf. Der Applaus der Zuschauer war ihr gewiss.

Aus Empfingen kam der wild herumspringende Erbsenbär. Gezähmter kamen die Reisigbären daher, auch wenn die Dreikäsehochs nur vom Narrensamen gebändigt wurden. Die Kneller ließen kräftig die Peitschen knallen.

Prächtig bunt und mit knarrenden Rätschen belebten die Freiburger Fasnetsrufer den Umzug. Eine Augenweide waren die Störche des Grünmettstetter Musikvereins. In Ergenzingen bliesen sie der Rottenburger Zunft den Narrenmarsch.

Die Gruoler Zunft schickte die Garde voran, der Franzabutz schnappte mit ausfahrbaren Händen nach Zuschauern. Die Feger wirbelten vor allem Staub auf, statt zu kehren. Die Mädels aus dem Gäu tarnten sich heuer als Indianerinnen. Rotweiß gepunktet und gestreift kamen die Giftpilze der Rohrdorfer Laufgruppe daher.

Mehr Musikgruppen hätten dem Umzug gut getan. Tanzend und wippend wäre es nicht so kalt gewesen.