Jubiläum im Weggental: Einst 100 Prozessionen im Jahr

500 Jahre Wallfahrt im Weggental, 17. Weihejubiläum des Bischofs und Jahrtag der Bürgerwache

Die Wallfahrt ins Weggental begann vor 500 Jahren mit einem Bildstöckle: mit dem Gnadenbild der schmerzhaften Maria. Diese Skulptur des Leidens war auch bei der Prozession am Sonntag dabei, getragen von vier Frauen.

18.09.2017

Von Dunja Bernhard

Zahllose Menschen seien seit 1517 ins Weggental gepilgert, um ihre Sorgen, aber auch ihre Freude dorthin zu tragen, sagte Bischof Gebhard Fürst vor der Prozession im Rottenburg Dom. „Schließen wir uns diesem Lobpreis an.“ Nach dem Lied „Wohl auf mit hellem Singen“ setzte sich die Prozession in Gang: Bürgerwache mit Spielmannszug, Fahnenträger verschiedener Vereine, Ministranten, Gnadenbild, Geistliche, Bischof und schließlich die Gemeinde.

16 Bildstöcke stehen am Wegrand zur Wallfahrtskirche. An einigen nage der Zahn der Zeit, sagte Fürst. Andere seien liebevoll gepflegt. Gestern weihte der Bischof einen restaurierten Bildstock beim Parkplatz, der auf halbem Weg von der Weggentalstraße zur Wallfahrtskirche liegt, ein. Das vom Rottenburger Künstler Michael Plaetschke gestaltete Bild zeigt Maria, Johannes und eine Schwester unterhalb des gekreuzigten Jesus. „Dieses kann der Startpunkt sein, auch alle anderen Bildstöcke zu restaurieren“, sagte Fürst.

Die Bänke in der Weggentalkirche waren schon fast vollständig besetzt, als die Prozession einzog. Während für die teilnehmenden Vereine und Amtsträger Plätze reserviert waren, mussten zahlreiche Gemeindemitglieder, die bei der Prozession mitgegangen waren, stehen.

Der Beginn der Wallfahrt ins Weggental vor 500 Jahren fiel zeitlich mit dem Thesenanschlag Martin Luthers in Wittenberg zusammen, sagte Fürst in seiner Predigt. Der Reformator habe sich immer wieder kritisch gegenüber Wallfahrten geäußert.

Von 1653 bis 1773 betreuten Jesuiten das Weggental. Im 18. Jahrhundert habe es bis zu 100 Prozessionen im Jahr gegeben. Doch auch die Weggental-Wallfahrt sei immer wieder umstritten gewesen. 1783 verbot Kaiser Josef II. Wallfahrt und Prozession. „Zehn Jahre später drohte der Kirche sogar der Abbruch“, sagte der Bischof. Die Rottenburger Bürgerschaft habe den Abriss aber durch geschicktes Argumentieren verhindert. „So hat sich die Wallfahrt bis heute erhalten.“ Von 1919 bis 2016 belebten Franziskaner das Kloster im Weggental. Zur Zeit kümmern sich drei indische Karmelitenpatres um die Kirche.

Die Weggentalkirche entwickelte sich um den ursprünglichen Standort des Marienbilds herum, erzählte Fürst. „Wie ein Schrein, der es beherbergt.“ Von großen kirchlichen Kunstwerken werde der Mensch zur Andacht eingeladen und „fast in himmlische Sphären enthoben“. „Das Weggental bereite der Stadt und der Diözese Freude und Ehre, sagte Fürst. „Das wird immer dann wahr, wenn wir uns hier versammeln.“ Auch heute noch suchten Menschen nach Kraftquellen – nach Orten, wo sie Sinn und heilsame Ruhe finden. „Pilgern hat wieder Konjunktur.“

Es seien 500 segensreiche Jahre für das Weggental gewesen, sagte Dompfarrer Harald Kiebler. „Geprägt vom Gebet derer, die sich auf den Weg begeben haben.“

Domgemeinde, Diözese und die Stadt Rottenburg feierten nicht nur 500 Jahre Weggental-Wallfahrt, sondern auch das 17. Weihejubiläum des Bischofs. Die Gemeindemitglieder gratulierten mit einem kräftigen Applaus. Der Spielmannszug der Bürgerwache brachte Fürst ein Ständchen. Die Bürgerwache feierte gestern ihren Jahrtag, an dem sie der Toten aus ihren Reihen gedenkt. Im Anschluss an den Gottesdienst luden Stadtkapelle, Liederkranz und Bürgerwache zur Hocketse im Zelt.

Statt fester Preise für Maultaschen mit Kartoffelsalat gab es Spendengläser. Wenn es einen Überschuss geben sollte, werde die Stadt ihn die Renovierung weiterer Bildstöcke stecken, sagte Oberbürgermeister Stephan Neher. „Also geben Sie reichlich.“

Auf dem Weg zur Weggentalkirche weihte Bischof Gebhard Fürst ein renoviertes Bildstöckle. Bilder: Franke

Auf dem Weg zur Weggentalkirche weihte Bischof Gebhard Fürst ein renoviertes Bildstöckle. Bilder: Franke