Tourismus

50 Jahre Party am Ballermann

Die Erfindung der berühmten Meile auf Mallorca beanspruchen ein paar Kölner für sich – und wollen natürlich, dass sich dort nichts ändert. Fest steht aber: Exzesse an der Playa sind unerwünscht.

17.05.2022

Von dpa

Partymachen im „Bierkönig“: hier bei einem Auftritt der deutschen Sängerin Mia Julia.  Foto: Clara Margais/dpa

Partymachen im „Bierkönig“: hier bei einem Auftritt der deutschen Sängerin Mia Julia. Foto: Clara Margais/dpa

Unter den Deutschen, die jetzt im Mai die Playa de Palma genießen, scheint es unabhängig vom Jahrgang nur eine Meinung zu geben: Im Jahr seines (inoffiziellen) 50. „Gründungsjahres“ ist der Ballermann nicht mehr das, was er bis vor wenigen Jahren noch war. „Vor Corona war schon geiler ohne die vielen Benimmregeln“, klagt etwa Dennis Bartels aus Rehde im westlichen Münsterland. Sein deutlich jüngerer Reisekollege Tom, der nach eigenen Angaben an der Partymeile gezeugt wurde, verzieht beim Schimpfen empört das Gesicht: „Überall muss man sich benehmen, überall fliegt man heutzutage raus, wenn man sich nur kurz das T-Shirt hochzieht.“

„Unser 17. Bundesland“

Mit „34 Mann“ ist die Gruppe in den orangefarbenen T-Shirts des Fußballvereins DJK Rehde diesmal angereist. Der eine trägt eine schwarze Pferde-Maske, andere singen und brüllen durch ein Megafon, eine Flasche in der Hand haben sie fast alle. „Ich sehe keine (Sangria)-Eimer mehr“, beschwert sich Yannick. Aber: „Wir lieben trotzdem Mallorca. Das ist unsere Insel. Das ist unser 17. Bundesland. So wird‘s immer bleiben. Richtig geil. Prost!“

Doch wie hat alles angefangen? Wie ist der etwa 4,5 Kilometer lange Strandabschnitt an der Südküste Mallorcas zum Sehnsuchtsort Nummer eins der Deutschen geworden? Um die Herkunft der Bezeichnung „Ballermann“ ranken sich viele Legenden. Aber niemand behauptet mit mehr Nachdruck, „Erfinder“ des Ballermann gewesen zu sein, als die Mitglieder des Kölner Fußball-Thekenclubs FC Merowinger, die nach eigenen Angaben seit 1972 jedes Jahr im September am Strandlokal „Balneario 6“ Party machen.

Ex-Präsident Werner Dive, der von Anfang an dabei ist, lässt keine Zweifel aufkommen. „Klar haben wir das erfunden. Vorher war ja nichts!“, sagt der 77-Jährige. Damals habe es an der Playa nicht einmal Bier gegeben. Deshalb sei man mit Kölsch-Fässern, aber auch mit Gulasch und Karnevalskluft angereist.

Hoch her ging es von Anfang an besonders am Strandbad „Balneario 6“, wo sich nicht nur die Kölner jahrzehntelang gern „einen geballert“ haben. Seit 2017 heißt das im Rahmen der Qualitätsoffensive von Unternehmern und Regionalbehörden schick umgebaute Lokal aber „Beach Club Six“. Für viele Stammkunden natürlich ein Kulturschock.

Zurück zu den 1970ern: Damals wurden für das feierwütige Publikum an der Playa immer mehr Discos und Kneipen eröffnet. Deutsche Schlagerstars wie Bernhard Brink, Costa Cordalis und Jürgen Drews entdeckten die Insel und wurden für Auftritte eingeflogen. Gegen Ende des Jahrzehnts begann Inselgastronom Juan Ferrer im legendären „Köpi“ als Erster, importiertes deutsches Fassbier auszuschenken. Der Andrang war groß, die Leute tranken auch auf der Straße, der Carrer de Miquel Pellisa wurde deshalb in „Bierstraße“ umgetauft.

Von da an gab es kein Halten mehr. Das berüchtigte und inzwischen verbotene „Eimersaufen“ wurde zum Pflichtprogramm. Der Ballermann wurde zum Kult, zum Mythos, zum Lebensgefühl, zur Subkultur.

Doch das Treiben an der Playa ist dem Rathaus in der Hauptstadt Palma schon länger ein Dorn im Auge. 2013 gibt es die ersten „Benimmregeln“. Hoteliers und Gastronomen schließen sich im Jahr 2016 zur Qualitätsinitiative „Palma Beach“ zusammen. Den Exzessen wird endgültig der Kampf ansagt. „Für die Sauftouristen ist auf unserer Insel kein Platz mehr“, sagte erst jüngst wieder der balearische Regierungssprecher Iago Negueruela. dpa

16,5 Millionen Besucher

In den Rekordjahren 2018 und 2019 vor Corona kamen jeweils rund 16,5 Millionen Besucher (mehrheitlich Deutsche und Briten) nach Mallorca. Viele von ihnen zog es an den Ballermann, den 4,5 Kilometer langen Strandabschnitt an der Südküste der Insel.

Das Wort „Ballermann“ ist eine Verballhornung des Wortes „Balneario“ (spanisch für Heilbad). So heißen an der Playa die seit dem Jahr 1972 durchnummerierten Strandlokale, von denen es heute 15 gibt.

Zum Artikel

Erstellt:
17.05.2022, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 52sec
zuletzt aktualisiert: 17.05.2022, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.

Push aufs Handy

Die wichtigsten Nachrichten direkt aufs Smartphone: Installieren Sie die Tagblatt-App für iOS oder für Android und erhalten Sie Push-Meldungen über die wichtigsten Ereignisse und interessantesten Themen aus der Region Tübingen.

Newsletter


In Ihrem Benutzerprofil können Sie Ihre abonnierten Newsletter verwalten. Dazu müssen Sie jedoch registriert und angemeldet sein. Für alle Tagblatt-Newsletter können Sie sich aber bei tagblatt.de/newsletter auch ohne Registrierung anmelden.
Das Tagblatt in den Sozialen Netzen
    
Faceboook      Instagram      Twitter      Facebook Sport
Newsletter Prost Mahlzeit
Sie interessieren sich für gutes und gesundes Essen und Trinken in den Regionen Neckar-Alb und Nordschwarzwald? Sie wollen immer über regionale Gastronomie und lokale Produzenten informiert sein? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Prost Mahlzeit!