Führung zur Siedlung am Hohenhewen

4000 Jahre alte Steinzeitgräber entdeckt

Bei archäologischen Ausgrabungen unterhalb des Hegau-Vulkans „Hohenhewen“ sind Archäologen auf seltene Gräber aus der Jungsteinzeit gestoßen. Die gut erhaltenen Bestattungen sind 4200 bis 4400 Jahre alt. Zur Grabungsmannschaft gehörten auch Archäologie-Studierende der Uni Tübingen. Der Konstanzer Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald bietet dort am Donnerstagnachmittag eine Führung an.

13.09.2012

Von hz

Engen. Denkmalpflege des Regierungspräsidiums Freiburg und Kreisarchäologie des Landratsamtes Konstanz untersucht dort seit 2008 künftige Abbauflächen eines Kieswerks südlich von Engen-Anselfingen. Inzwischen wurden 3,2 Hektar Fläche mit etwa 3200 Einzelfundstellen vollständig archäologisch untersucht. Die meisten gehören zu ehemaligen Holzhäusern, Speichern und Handwerkerhütten einer großen keltischen Siedlung, die hier zwischen 500 und 100 vor Christus bestand. Spätestens im 2. Jahrhundert nach Christus ließen sich römische Siedler auf dem längst verlassenen Siedlungsgelände der Kelten nieder.

Hals- oder Brustschmuck aus Knochenperlen sowie Tongefäßen der Glockenbecherkultur am Ende der Jungsteinzeit entdeckten Archäologen in diesem Grab im Hegau, in dem vor etwa 4300 Jahren eine Frau bestattet wurde. Im Bild (von links) der Konstanzer Landrat Frank Hämmerle, Engens Bürgermeister Johannes Moser, Irene Völlinger, Wunibald Wikenhauser und Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald, der in Tübingen studiert und promoviert hat.

Hals- oder Brustschmuck aus Knochenperlen sowie Tongefäßen der Glockenbecherkultur am Ende der Jungsteinzeit entdeckten Archäologen in diesem Grab im Hegau, in dem vor etwa 4300 Jahren eine Frau bestattet wurde. Im Bild (von links) der Konstanzer Landrat Frank Hämmerle, Engens Bürgermeister Johannes Moser, Irene Völlinger, Wunibald Wikenhauser und Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald, der in Tübingen studiert und promoviert hat.

Zu den diesjährigen Spitzenfunden zählen zwei Gräber der sogenannten Glockenbecherkultur aus dem 3. Jahrtausend vor Christus . Es handelt sich um zwei Hockerbestattungen, die in kleinen, Nord-Süd-ausgerichteten Grabgruben niedergelegt wurden. Wie damals üblich wurden Männer und Frauen unterschiedlich orientiert in die Grabgruben gelegt: Männer mit dem Kopf im Norden, Frauen mit dem Kopf im Süden. Zu den Beigaben, mit denen die Archäologen auch das Alter der Gräber bestimmen können, gehören verschiedene Tongefäße, darunter auch einer jener charakteristischen glockenförmigen, mit Stich- und Ritzmuster verzierten Becher, die der Kultur am Ende der Jungsteinzeit ihren Namen gegeben haben.

Bei einem der Gräber handelt es sich vermutlich um ein Frauengrab, denn die wohl erwachsene Frau lag mit dem Kopf im Süden des Grabes. Besonders interessant ist der kostbare Halsschmuck. Im Brustbereich des Skeletts liegen mindestens 16 kleine pyramidenförmige Knochenperlen, die zu einer Halskette gehört haben dürften. Sie sind charakteristisch für Gräber am Ende der Jungsteinzeit und zu Beginn der Frühbronzezeit zwischen 2400 und 2000 vor Christus. Die ebenfalls im Grab niedergelegten Gefäße sind noch von einem jungsteinzeitlichen Töpfer um 2300 vor Christus hergestellt worden.

In der zweiten Grabgrube wurden zwei vermutlich noch Jugendliche bestattet. Sie liegen eng beieinander. Nach Lage der Schädel dürfte es sich um ein männliches und ein weibliches Individuum gehandelt haben. Anthropologische Untersuchungen werden diese Vermutungen überprüfen und weitere Daten zu Sterbealter, Krankheiten und möglicherweise auch Todesursache liefern können. Auch in diesem Garb wurden zwei kleine Gefäße der Glockenbecherzeit gefunden.

„Gräber dieser Zeit kommen nicht häufig vor, so dass diese interessanten Funde auch über die Region hinaus für die Erforschung der jungsteinzeitlichen Kulturen von wissenschaftlicher Bedeutung sind“, bewertet Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald die Neufunde der diesjährigen Ausgrabungskampagne. Der Konstanzer Landrat Frank Hämmerle und der Engener Bürgermeister Johannes Moser zeigten sich ebenfalls beeindruckt von den gut erhaltenen Skeletten und den dazugehörigen Beigaben und lobten die gute Zusammenarbeit der Archäologen mit dem Kieswerkunternehmer Thomas Kohler, der die Arbeiten mit Interesse verfolgt und unterstützt. Die Grabungsmannschaft der diesjährigen Kampagne von Juli bis Oktober setzte sich aus Studierenden der Archäologie der Universitäten Freiburg, Tübingen, Konstanz, Münster und Erlangen zusammen.

Die Funde werden nun geborgen und in die Restaurierungslabors der Denkmalpflege des Regierungspräsidiums Freiburg gebracht. Die Skelette werden ebenfalls sorgsam verpackt und zur Untersuchung an die Osteologie des Landesamtes für Denkmalpflege (Regierungspräsidium Stuttgart), die ihren Sitz in Konstanz hat, übergeben.

-





Kreisarchäologe Dr. Jürgen Hald bietet kurzfristig am heutigen Donnerstag, 13. September, um 16.30 Uhr eine öffentliche Führung zu den jungsteinzeitlichen Gräbern in Anselfingen an. Die Grabungsstelle befindet sich südlich von Anselfingen oberhalb des Kieswerks Kohler. Die Grabung kann auf einem geteerten Feldweg (für öffentlichen Verkehr gesperrt) erreicht werden. Der Zuweg beginnt in Engen-Anselfingen am Haus Unterdorfstraße 24 nahe der Kirche (Hinweisschild).