Angelika Bachmann über die Preiserhöhung für Bus und Bahn

3,50 Euro nach Tübingen, 29,99 Euro nach Berlin

Seit vielen Jahren versuche ich Freunde und Bekannte dazu zu überreden, es doch einfach mal zu versuchen. Es ist wirklich nicht schwierig.

15.08.2018

Von Angelika Bachmann

Symbolbild: Metz

Symbolbild: Metz

Wenn man nicht gerade in Bietenhausen wohnt oder im Schichtdienst arbeitet, sind der Linienbus oder die Bahn die schnellste und bequemste Art, nach Tübingen zu kommen. Man kann sich einfach in den Bus setzen (o.k. – wenn man einen Sitzplatz bekommt), Zeitung lesen, Musik hören oder auf dem Heimweg von der Arbeit müde in die Landschaft starren und langsam die Augen zufallen lassen.

Leider ist es nicht die billigste Art, nach Tübingen zu kommen. Naldo und die Stadtwerke haben jetzt bereits wieder Preiserhöhungen für den 1. Januar 2019 angekündigt. Da kann ich mir bei meinen Freunden den Mund fusslig reden über die optimierten Verbindungen auf der Linie 18 bis in den Abend hinein. Über den Vorteil, keinen Parkplatz suchen zu müssen. Spätestens wenn die Frage kommt: „Und was kostet das?“, muss ich die Segel streichen. Die Einzelfahrt Rottenburg – Tübingen kostet demnächst 3,50 Euro. Tübingen und zurück, jetzt schon 5,90 Euro. Ab nächstem Jahr 6,10 Euro. Da zeigen mir meine Freunde den Vogel: Für den Preis müsste eigentlich auf Höhe Hirschau ein Lunch-Paket gereicht werden.

Für 21 Euro fahre ich mit dem Metropolticket von Freudenstadt bis nach Aalen. Für 13,99 Euro fährt Flixbus mich von Tübingen nach München. Ab 29,99 Euro gibt es Flüge bei Eurowings von Stuttgart nach Berlin. Abgesehen davon, dass letzteres ohnehin verboten gehört, stellt sich doch die Frage: Was läuft hier falsch?

Wer jetzt argumentiert, dass Autofahren finanziell vielleicht doch die bessere Variante wäre, den muss man enttäuschen. Dieser Ausweichbewegung haben die Stadtwerke schon vorgebeugt, indem sie die Preise für Dauerkarten in Parkhäusern nahe der Innenstadt 2017 gleich mal um ein sattes Drittel erhöht haben. Wenn man gleichzeitig liest, dass die Stadtwerke ihren Umsatzerlös aus dem ÖPNV 2017 um fast 2 Millionen Euro auf 12,89 Millionen Euro steigern konnten, trägt das nicht gerade zur Kundenzufriedenheit bei.

Tübingens Bedeutung als Zentrum ist gewachsen. Hier sind Arbeitsplätze, Forschungseinrichtungen, Dienstleister, Ausbildungsstätten. Da reicht es nicht, auf die Regionalstadtbahn (die irgendwann, vielleicht aber auch nie gebaut wird) zu verweisen. Oder alle Leute auf ein E-Bike setzen zu wollen. Nicht alle sind fit und gesund genug, um täglich mit dem Rad zu pendeln. Manche haben auch einfach keine Lust, im November bei Nieselregen zu fahren oder im Sommer vollkommen verschwitzt in der Firma anzukommen, wo man sich erst mal ein leeres Büro zum Umziehen suchen muss. Duschen gibt es ohnehin in den wenigsten Betrieben.

Wer ernsthaft Leute davon überzeugen will, vom Auto auf Öffentliche umzusteigen, muss mehr bieten als regelmäßige Preiserhöhungen, die potenzielle Neukunden verprellen. Es reicht auch kein TüBus umsonst für Tübinger – denn Tübingens Problem sind die Einpendler, die ja irgendwie in die Stadt kommen müssen. Da hilft nur eine mindestens Naldo-weite, besser landesweite Nahverkehrsinitiative, die dafür sorgt, dass die anwachsende Schar an Nicht-Auto-Pendlern zu bezahlbaren Preisen in die Zentren kommt.

Alternativ wäre natürlich auch ein flächendeckender Ausbau des schnellen Internets bis in die Dörfer möglich. Es lebe das Home-Office!

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Erstellt:
15.08.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 34sec
zuletzt aktualisiert: 15.08.2018, 01:00 Uhr

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