Männer haben viel zu sagen

2628 Leserbriefe erschienen 2015 im TAGBLATT / Flüchtlinge als Top-Thema

Flüchtlinge sind das Thema des Jahres – auch in der Leserbriefbilanz des SCHWÄBISCHEN TAGBLATTS. 268 Briefe waren diesem Thema gewidmet. Mit weitem Abstand folgte „Parken im Uniklinikum.“

07.01.2016

Von ulrich janssen

Der Natursteinpark Rongen hat auch unter unseren Leserbriefschreibern viele Fans. Archivbild: Sommer

Der Natursteinpark Rongen hat auch unter unseren Leserbriefschreibern viele Fans. Archivbild: Sommer

Tübingen. Die Themen haben sich geändert, eines aber blieb gleich: Auch im vergangenen Jahr waren es hauptsächlich Männer, die Leserbriefe ans SCHWÄBISCHE TAGBLATT geschrieben haben. Sie sind für fast drei Viertel der Statements in unserem Sprachrohr verantwortlich. Und ihr Anteil ist im vergangenen Jahr sogar noch gestiegen: von 67,6 auf 71,3 Prozent.

Zum mit Abstand wichtigsten Thema des Jahres, den Flüchtlingen, haben Männer natürlich auch eine Menge zu sagen. 268 Briefe gab es zu diesem Thema. Anders als in den sozialen Netzwerken ging es im TAGBLATT (freundlich unterstützt von unserer Leserbrief-Redaktion) meist zivilisiert zu und oft sogar recht freundlich: „Sie und ihre Kinder werden uns bereichern“, meinte etwa Heide Ernstberger. Wenn doch mal ein Armin Brand Deutschland „auf dem besten Weg“ sah, „ein islamischer Staat zu werden“, oder ein Axel Heinzmann fürchtete, die „Biodeutschen“ könnten zur Minderheit im eigenen Land werden, bekamen sie umgehend Contra: „Wir haben in die Augen eines Kriegsopfers geschaut und die ganze Verzweiflung gesehen“, schrieb Markus Rathgeber. Sehr anregend auf die Debatte wirkte sich auf jeden Fall Boris Palmers bundesweit aufgefallene „Schaffens“-Krise aus. Mit seinem „Wir schaffen es nicht“ und den beiläufig geäußerten Gedanken über bewaffnete Grenzsicherung provozierte er viel Tadel, aber auch viel Lob.

Palmer lieferte auch fürs zweite Aufregerthema (mit 104 Briefen) jede Menge Stoff. Weil er kein Parkhaus neben der neuen Universitäts-Augenklinik genehmigen wollte, handelte er sich reichlich Proteste von Leserbriefschreiber(inne)n ein: „Als langjährige Patientin der Augenklinik und der Crona kann ich nur sagen, dass ich sehr für das Parkhaus bin, unter der Bedingung, dass die Wartezeiten verkürzt werden“, fand Leserin Christl Glauder. Andererseits gab es auch Stimmen gegen den „überhasteten Bau eines Betonmonsters“ auf dem Schnarrenberg.

Dass sich die Leute in einer Stadt mit zwei renommierten Theologischen Fakultäten nicht nur über die Welt, sondern auch über Gott streiten, ist keine Überraschung. In 80 Briefen wurde 2015 über die Privilegien der christlichen Kirchen diskutiert, über Religionsfreiheit und speziell das Verhältnis des Christentums zum Islam. Letzteres bekam durch die Attentate in Paris noch eine ganz heftige Wendung. Allein 43 Briefe (und eine Leserzeichnung) widmeten sich den Mordanschlägen der Islamisten. Eher harmlos verlief im Vergleich dazu das religiöse Geplänkel zum Jahresende. Dass Rottenburgs Bürgermeister Volker Derbogen lieber Tannen- statt Christbaum sagen wollte, ärgerte etliche Leser: „Unsere Willkommenskultur hat nichts damit zu tun, unser christlich geprägtes Land zu verleumden“, empörte sich etwa Theresa Jones. Die Antwort kam, wie immer bei unseren Lesern, umgehend. Hier von Jobst Wendt: „Ich stelle mir vor, wie Sie an Heiligabend singen werden ,Oh Christbaum, oh Christbaum‘.“

Das vierte Großthema des vergangenen Jahres ist wieder Tübingens meinungsfreudigem Oberbürgermeister zu verdanken. Boris Palmers Idee, den Gratisbus über die Grundsteuer zu finanzieren, wurde in immerhin 77 Leserbriefen gewürdigt. Und zwar meistens ziemlich kritisch: „Ja, danke, lieber Ober-Boris-Meister, brauch ich aber nicht. Ich hab nämlich ein Rad 4.0“, teilte Bernd W. Schneider mit.

Warüber haben sich die Leser 2015 noch alles aufgeregt? Über Radler zum Beispiel (35 Briefe), den Umgang mit dem Natursteinpark Rongen (34 Briefe), die Regionalstadtbahn (37 Briefe), den Kopp-Verlag (41 Briefe) und die Gemeinschaftsschule (48 Briefe).

Fast ein bisschen überraschend, dass auch die Männer selbst im männerdominierten Sprachrohr noch zum Thema wurden. „Gestern hatte ich eine Autopanne auf der B 27“, schrieb Ursula Kolbe, „in den 45 Minuten, in denen ich auf den Abschleppdienst wartete, boten mir 4 Frauen und 1 Mann Hilfe an.“ Klar, dass so eine Statistik die Männer nicht ruhen ließ. Bernhard Meyer antwortete prompt: „Liebe Ursula, so wie ich die Kerle kenne, waren die am Kochen.“

Leserbriefe 2015 in Zahlen

Insgesamt 2628 Leserbriefe wurden im Jahr 2015 im TAGBLATT abgedruckt. Das waren 34 weniger als im Jahr davor. Etwas größer geworden ist dagegen der Kreis der Schreiber. 1380 Autoren (darunter 888 Männer) schickten Zuschriften, 2014 waren es 1376. Auch bei den elf Schreibern, die unsere 15er-Grenze erreichten, dominierten die Männer. Nur eine Frau, die Humanistin Karin Resnikschek, schaffte es in die Premium League des Sprachrohrs. Rekordverdächtig schnell erreichte übrigens Sebastian Schiebel das Limit. Schon am 7. März druckten wir seinen 15. Leserbrief. Die meisten Briefe, nämlich 1507, kamen aus Tübingen. Die Rottenburger schickten 430 Zuschriften, die Mössinger 139 und Ammerbuch kam auf 137. Besonders wenig geschrieben wurde im April (149), besonders viel im Februar (276).

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Erstellt:
07.01.2016, 23:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 17sec
zuletzt aktualisiert: 07.01.2016, 23:00 Uhr

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