Tübingen · Gedenken

20 neue Stolpersteine in Tübingen

Am Freitag werden weitere Gedenksteine für NS-Opfer verlegt.

21.06.2022

Von ST

82 kleine Gedenksteine für die Opfer der Nationalsozialisten wurden bislang in Tübingen verlegt. Die knapp zehn mal zehn Zentimeter großen Messingplatten – eingelassen in den Gehweg vor dem letzten frei gewählten Wohnort - erinnern mit Namen, Geburts- und Todesdatum an das Schicksal der Gedemütigten, Verfolgten, Deportierten und Ermordeten durch die nazistische Willkürherrschaft.

Am Freitag, 24. Juni, soll nun mit der Verlegung von weiteren 20 Steinen an 18 Orten an ehemalige jüdische Bürgerinnen und Bürger (6 Steine), aber auch an politische Opfer (3 Steine) sowie an diejenigen Menschen erinnert werden, die bei der „T4-Aktion“ in Grafeneck (11 Steine) von den Nationalsozialisten ermordet wurden. „Auch ihre Namen und ihre Geschichte dürfen nicht vergessen, das an ihnen verübte Unrecht durch die NS-Gewaltherrschaft muss sichtbar gemacht werden“, heißt es in einer Mitteilung der Tübinger Stolperstein-Initiative: „Stolpersteine fordern auch dazu auf, sich für die Menschenwürde und für die Rechte von Minderheiten einzusetzen.“

Zum ersten Mal werden Stolpersteine auch für politisch Verfolgte gelegt: Ferdinand Zeeb, Gottlob Frank und Julie Majer. Und zum ersten Mal erinnert die Tübinger Stolperstein-Initiative an elf von den Nationalsozialisten wegen ihrer geistigen und körperlichen Behinderung bei der „T4-Aktion“ („Vernichtung lebensunwerten Lebens“) in Grafeneck ermordeten Mitbürgerinnen und Mitbürger. Einen Gedenkstein bekommt auch Anna Steinhilber (Siebenhöfestraße 55). Ein Verwandter ist bei der Verlegung anwesend.

Der Künstler und Initiator Gunter Demnig beginnt am Freitag um 9 Uhr mit der Verlegung eines Gedenksteins für die einstige jüdische Mitbürgerin Johanna Katz am Holzmarkt 2. Weitere Orte folgen im Halbstundentakt. Demnig verlegt die ersten sechs Steine persönlich, die restlichen werden unter Aufsicht und mit Unterstützung des Tiefbauamts in den Gehweg eingelassen. Nach der Verlegung ist um 18 Uhr ein gemeinsamer Abschluss in der Kreuzkirche, Payerstraße 11, geplant.

Bereits am Donnerstag, 23. Juni, stellt Gunter Demnig um 19 Uhr in der Kreuzkirche unter dem Titel „Stolpersteine – Spuren und Wege“ sein Stolperstein-Projekt vor (anschließend kann diskutiert werden). Er begann mit der Verlegung der kleinen Gedenktafeln im Jahr 1992, inzwischen liegen die Stolpersteine in 1265 Kommunen Deutschlands und in 21 Ländern Europas.

Am Samstag, 25. Juni, beginnt um 16.30 Uhr auf dem Tübinger Thiepval-Vorplatz das Straßentheater des Reutlinger Tonne-Theaters: „Hierbleiben – Spuren nach Grafeneck“. Das inklusive Tonne-Ensemble hat sich seit Anfang 2020 mit der künstlerischen Umsetzung der „T4-Aktion“ auseinandergesetzt. In Grafeneck wurden von Januar bis Dezember 1940 mehr als 10650 geistig und körperlich behinderte Menschen ermordet. Am Dienstag, 28. Juni, 18.30 Uhr, spricht Christian Hoffmann im Landratsamt über „‘Euthanasie‘-Morde im NS: Die Schicksale der Opfer erforschen“. Am Dienstag, 5. Juli, ist in der Aula Mensa Uhlandstraße die Vorführung der SWR-Dokumentation „Grafeneck 1940“ geplant (18 Uhr).