Auszeichnung vom Innenminister

17 Jahre im Ehrenamt beim Roten Kreuz: „Nicht nur reden, sondern tun“

Die Pliezhäuserin Christiane Voß ist seit 17 Jahren beim Deutschen Roten Kreuz aktiv. Dafür wurde sie jetzt von Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl ausgezeichnet.

03.01.2018

Von Kathrin Kammerer

Zu Einsätzen wird sie nur noch selten gerufen, der Dienstwagen gehört trotzdem dazu: DRK-Kreisbereitschaftsleiterin Christiane Voß. Bild: Haas

Zu Einsätzen wird sie nur noch selten gerufen, der Dienstwagen gehört trotzdem dazu: DRK-Kreisbereitschaftsleiterin Christiane Voß. Bild: Haas

Als Christiane Voß die Einladung zur Ehrung im Stuttgarter Schloss aus dem Briefkasten fischte, war sie erstmal „einfach nur baff“. In Stuttgart wurde Anfang Dezember zum ersten Mal das Bevölkerungsschutz-Ehrenzeichen verliehen – und unter den 20 Geehrten aus ganz Baden-Württemberg war auch die Pliezhäuserin. Reutlingens Rot-Kreuz-Präsident Andreas Glück und Kreisgeschäftsführer Michael Tiefensee hatten die 52-Jährige für die Auszeichnung vorgeschlagen. Klammheimlich lief das alles ab, erinnert sich Christiane Voß schmunzelnd.

Vier vom DRK geehrt

Voß ist der ganze Rummel um ihre Person auch jetzt noch ein bisschen unangenehm. „Ach, mir wären auf Anhieb fünf Personen eingefallen, die das Ehrenzeichen genauso verdient hätten“, sagt sie rückblickend. Ihr Mann Volker dagegen habe nicht lange gefackelt und kurzerhand die ganze Familie zum Festakt nach Stuttgart kutschiert: die beiden 27- und 29-jährigen Söhne, die beiden Schwiegertöchter und den zweijährigen Enkel.

Innenminister Thomas Strobl verlieh die Auszeichnungen. Unter den 20 Geehrten waren insgesamt vier vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). Wenn Voß über ihre DRK-Laufbahn nachdenkt, kommt sie kurz ins Schleudern. Zu viele Lehrgänge und Fortbildungen hat sie in den letzten 17 Jahren besucht, um sich noch an alle auf Anhieb detailliert erinnern zu können. Das Ehrenamt lief immer parallel zu ihrer Arbeit als selbstständige Luftfrachtspediteurin. Sie organisiert Pakettransporte mit Flugzeugen.

„Angefangen hat alles mit meinem jüngeren Sohn“, erinnert sie sich. Der war damals, Ende der 1990er-Jahre, beim Jugendrotkreuz, und so kam sie mit den Leuten vom DRK-Ortsverein in Kontakt. 1997 wurde sie zuerst Kassierin, 2000 trat sie dann in den Ortsverein ein. Sie absolvierte die Erste-Hilfe-Ausbildung, dann die zur Sanitätsdiensthelferin, schließlich wurde sie zur Helferin vor Ort. Von nun an galt: „Wenn der Piepser klingelt, muss man alles stehen und liegen lassen“, so Voß.

Helfer vor Ort werden immer parallel zum Rettungsdienst alarmiert. Sie können die Zeit, die bis zum Eintreffen der Rettungskräfte vergeht, mit ersten basismedizinischen Maßnahmen überbrücken. Die Befugnisse der Helfer vor Ort sind jedoch beschränkt, da sie keine vollwertige medizinische Ausbildung haben.

Dankbarkeit für den Beistand

2002 qualifizierte sich Voß für die Notfallnachsorge. Für Menschen, die plötzlich Unglücke oder Todesfälle erlebten, war sie nun der erste Ansprechpartner. „Im Schnitt dauert so ein Einsatz dreieinhalb Stunden“, erzählt sie. „Danach werden die Menschen ihrer Familie oder ihren Freunden übergeben.“

Sie erinnert sich an eine junge Frau, deren Mann unerwartet verstarb. „Ich saß neben ihr und wir haben einfach nur geschwiegen“, sagt die 52-Jährige. „Doch die Frau wollte unbedingt, dass ich bleibe.“ Sieben Stunden dauerte dieser Einsatz. Zwei Wochen später habe sich die junge Frau wieder bei ihr gemeldet, erzählt Voß weiter. Die beiden trafen sich, die Witwe bedankte sich für den Beistand der DRK-Frau in den schweren Stunden – und Voß ist bis heute gerührt.

Seit 2004 ist sie Kreisbereitschaftsleiterin. Ihre Aufgaben verlagerten sich Stück für Stück in den organisatorischen Bereich, „als das Bindeglied zwischen Landesverband und den Ortsvereinen“, wie sie erklärt. Vier Jahre lang war sie auch stellvertretende Landesbereitschaftsleiterin. 12 bis 13 Stunden pro Woche steckt sie in ihr Ehrenamt. Eine Menge Zeit und Energie – was treibt einen da an?

Ganz abschalten geht selten

„Nicht nur reden, sondern tun“, ist der Leitsatz der Pliezhäuserin. Klar, sei das anstrengend. „Aber die Zusammenarbeit und der Zusammenhalt im DRK sind so gut, das motiviert mich immer weiter“, sagt sie. Wenn neben Selbstständigkeit und Ehrenamt doch noch ein bisschen Zeit bleibt, strickt sie gerne und kümmert sich um die beiden putzmunteren Mini-Yorkshire-Terrier Doolittle und Anakin. Außerdem will sie jetzt Klavierspielen lernen.

Ganz abschalten kann Christiane Voß aber trotzdem selten: Den Piepser hat sie immer mit dabei, auch wenn sie als Kreisbereitschaftsleiterin mittlerweile nur noch zu den größeren Einsätzen gerufen wird. In ihrem Haus steht ein kleiner Schutzengel, der sie Tag für Tag daran erinnert, wie wertvoll es ist, Menschen zu helfen. Den habe ihr mal die Mutter eines kleinen Jungen vorbei gebracht, der angefahren wurde, erzählt sie: „Als Dankeschön, weil ich bei der nervenzehrenden Warterei im Krankenhaus für die Eltern da war.“