Football

15 quälende Jahre bis zum mutigsten Moment

Carl Nassib von den Las Vegas Raiders bekennt sich als erster aktiver NFL-Profi zu seiner Homosexualität.

23.06.2021

Von DPA

Football-Profi in Las Vegas: Carl Nassib. Foto: ETHAN MILLER

Football-Profi in Las Vegas: Carl Nassib. Foto: ETHAN MILLER

Las Vegas. NFL-Profi Carl Nassib steht im Garten seines Hauses in West Chester im US-Bundesstaat Pennsylvania und lächelt nach diesem einfachen und doch so schweren Satz. „Was geht Leute, ich wollte nur einen kurzen Moment nutzen und sagen, dass ich schwul bin. Ich wollte das schon seit einiger Zeit tun und fühle mich endlich wohl damit, es loszuwerden“, sagt der 28-Jährige von den Las Vegas Raiders.

Traurigerweise habe ihn dieser Moment 15 Jahre lang gequält, schreibt er zudem in einem Text. Es gehe ihm nicht um Aufmerksamkeit. „Ich denke einfach, dass Vertretung und Sichtbarkeit so wichtig sind“, begründet er den Schritt. Aufmerksamkeit aber wird Nassib nun erst mal in rauen Mengen bekommen: Als erster aktiver Profi der NFL, der seine Homosexualität öffentlich gemacht hat. ESPN, „Washington Post“, „Los Angeles Times“: Von überall gibt es eine Push-News.

Die Zahl der Footballer, die ihr Coming-out nach dem Ende ihrer Karriere hatten, ist nach Angaben von US-Medien zweistellig. Michael Sam wurde 2014 als öffentlich schwuler Spieler im Draft von den damals in St. Louis beheimateten Rams ausgewählt, schaffte es aber nicht in den Kader und beendete seine Karriere schon 2015, ohne einmal in der NFL auf dem Feld zu stehen.

Nassib aber geht in seine sechste Saison. Nach je zwei Jahren bei den Cleveland Browns und den Tampa Bay Buccaneers sowie vergangene Spielzeit bei den Raiders ist er in der beliebtesten US-Profiliga etabliert und anerkannt.

Hilfe von der Familie

Wie schwer ihm die Entscheidung gefallen ist, deutet der 2,01 Meter große 124-Kilo-Mann an, als er auf die große Hilfe von Freunden und Familie verweist, durch die er es zuletzt als möglich empfunden habe, „öffentlich und stolz zu sagen, dass ich schwul bin.“ Doch Nassib lächelt eben auch viel in dem Video, berichtet davon, dass „er wirklich das beste Leben“ habe. „Ich habe die beste Familie, die besten Freunde und den besten Job, um den ein Kerl bitten kann.“ Und er kündigt eine Spende in Höhe von 100 000 US-Dollar an das Trevor-Project an. Die Organisation betreibt eine Telefonseelsorge für junge LGBTQ- Leute, denen er mit dem Schritt ein Signal geben will.

Nassib berichtet, von der NFL, seinen Trainern und Mitspielern habe er Unterstützung bekommen. Er sei sofort mit „dem größten Respekt und mit Akzeptanz“ begrüßt worden. Und: Tennis-Legende Billie Jean King gratulierte ebenso wie New-York-Giants- Runningback Saquon Barkley – und auch der NFL-Boss Roger Goodell. Er schreibt: „Die NFL-Familie ist stolz auf Carl, dass er heute seine Wahrheit so couragiert geteilt hat.“ dpa