Widows - tödliche Witwen

Widows - tödliche Witwen

Um die Schulden ihres kriminellen Mannes zurückzuzahlen, plant eine Witwe, seinen letzten großen Coup zu Ende zu bringen.

05.12.2018

Von Dorothee Hermann

Widows - Tödliche Witwen
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Sie muss die Augen ganz fest zugemacht haben, um nicht zu ahnen, dass ihr Lebensstil auf ehrliche Weise nicht hätte funktionieren können. Eben noch küssen sich Veronica (Oscar-Preisträgerin Viola Davis) und Harry (Liam Neeson) in ihrem luxuriösen Penthouse hoch über Chicago, dann setzt ihr gewohntes Leben abrupt aus. Denn Harry samt Komplizen überlebt einen besonders spektakulären Coup nicht. Der rasante Schnitt gibt das schockhaft an den Zuschauer weiter.

Für Veronica ist nun keine stille Trauerzeit angesagt, sondern höchste Alarmstufe: Statt wie bisher unauffällig für die Lehrergewerkschaft zu arbeiten, muss sie die zwei Millionen auftreiben, die Harry einem aufstrebenden schwarzen Lokalpolitiker (Brian Tyree Henry als Jamal Manning) schuldet. Der braucht das Geld für seine Wahlkampagne, und zwar pronto. Und die Zuschauerin weiß schon, dass er einen fiesen jüngeren Bruder (Daniel Kaluuya als Jatemme) hat, der es beinahe zu genießen scheint, wenn er auf nackte Gewalt zurückgreifen kann.

Das ist das Action-Gerüst dieses unerbittlichen, femistisch gewendeten Gangsterfilms, in dem Viola Davis stählernen Blicks die Fassung wahrt und die Disziplin ihrer zufälligen Schicksalsgefährtinnen eisern aufrechterhält. Denn auch die Witwen von Harrys Komplizen sitzen nach deren Ableben finanziell dermaßen auf dem Trockenen, dass sie sich auf Veronicas kriminelle Pläne einlassen müssen. Auf legalem Weg sind die fehlenden Millionen einfach nicht so schnell aufzutreiben, wie sie benötigt werden.

So vermischen sich die vordergründig fein säuberlich voneinander getrennten Sphären ständig. Die abrupten Schnitte machen das unvermittelte Umkippen vom scheinbar rechtschaffenen Milieu ins kriminelle Gegenstück absturzartig spürbar. Diese Dialektik holt bald auch Mannings weißen Gegenkandidaten Jack Mulligan (Colin Farrell) ein, dessen Familie seinen mehrheitlich schwarzen Wahlbezirk seit Generationen beherrscht.

Der britische Regisseur Steve McQueen („12 Years a Slave“) zeigt eine atavistisch anmutende Gesellschaft, in der nicht beglichene Außenstände mit dem Leben oder zumindest mit schwer lädierten Körperteilen bezahlt werden müssen. Das entspricht bekanntlich den Gepflogenheiten von Drogenkartellen oder vergleichbaren mafiösen Strukturen und entwirft ein düsteres Bild nicht nur der waffenstarrenden US-Gesellschaft von heute.

Vier Amateurinnen mischen das Gangstergeschäft auf, das auch für sie seine sehr speziellen Blessuren bereithält.


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Erstellt:
05.12.2018, 18:47 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 05sec
zuletzt aktualisiert: 05.12.2018, 18:47 Uhr

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