Voll verschleiert

Voll verschleiert

Mit der Travestie-Komödie „Voll verschleiert“ produzierte Sou Abadi mehr als nur eine Klamotte, sie macht sich über alle Lager lustig.

28.12.2017

Von Ulla Steuernagel

Kein Kleidungsstück kommt einer Travestie-Komödie so entgegen wie der Niqab. Im Unterschied zur Burka bleibt der Augenschlitz frei, und so lassen sich noch Spuren von Mimik erkennen. Vermutlich musste „Cherchez la femme“ („Voll verschleiert“) als erste Niqab-Komödie auch unbedingt in Frankreich auf die Welt kommen. Denn hier werden die Kleiderordnungen rigoroser durchgesetzt als in Deutschland und hier scheuchen laizistische Sittenwächter Burkini-Trägerinnen sogar vom Strand weg.

Regisseurin Sou Abadi ließ sich für ihre Camouflage-Geschichte von zwei realen Begebenheiten inspirieren. So hatten sich schon die beiden Staatspräsidenten, Banisadr und Rafsandschani, in Frauengewändern vor den politischen Verfolgern versteckt. In Abadis Film ist der Vollschleier jedoch vor allem ein Vehikel für verbotene Liebe. Denn der im Jemen radikalisierte Mahmoud (William Lebghil) will seiner Schwester Leila (Camélia Jordana) in Paris die westliche Lebensart austreiben. Also muss sich ihr Freund Armand (Félix Moati) von nun an im Vollschleier in die Kemenate der Geliebten schmuggeln. Damit entwickelt der Film eine temporeiche Rein-Raus-Dramaturgie mit Turbulenzen à la Billy Wilder – und einem schlimmen Betriebsunfall. Im Eifer seines persönlichen Dschihads verliebt sich der gestrenge Bruder in die mutmaßliche Schleierträgerin. Um diese Verwicklungen herum werden allerlei andere Schlachten geschlagen. Die Eltern von Armand, zwei Exiliraner, sind zwar auf Feminismus (Mutter) und Kommunismus (Vater) gepolt und wittern überall Bedrohungen für den Laizismus, aber ihren Sohn wollen sie dennoch auf traditionelle Weise verheiraten.

Am Happy End besteht von Anfang an kein Zweifel, das Personal ist nicht auf tiefgründige Charaktere, sondern auf befreiende Komik angelegt. Die lustigste Bemerkung fällt, als Leila zum ersten Mal die verschleierte Unbekannte sieht: „Das ist keine Dame, das ist ein Wurfzelt!“ findet sie.

Man muss den auf Plot-Kommando einsetzenden Wandlungen der Figuren nicht immer folgen, doch man macht gerne und gut gelaunt all die Lockerungsübungen vor Migrationshintergründen mit, zu denen der Film anstiftet.

Fällt stellenweise ein bisschen albern aus, kommt als erste Niqab-Komödie aber recht amüsant daher.