Tabu - Eine Geschichte von Liebe und Schuld

Tabu - Eine Geschichte von Liebe und Schuld

Komplex erzählter Film aus Portugal über das Sterben einer alten Frau und den Traum von der ewigen Liebe.

03.12.2012

Von Dorothee Hermann

Das Paradies lässt auf sich warten. Im kunstvoll nostalgischen Schwarz-Weiß-Film des portugiesischen Regisseurs Miguel Gomes, Jahrgang 1972, entfaltet es seine Magie am deutlichsten, wenn der frustrierende Alltag im winterlichen Lissabon der Erinnerung Platz macht. Voraussetzung dafür ist der Tod.

Vorerst sucht die exzentrische Dona Aurora das Glück im Casino, während ihre unerschütterliche schwarze Haushälterin Santa die eigene Alphabetisierung mit der Lektüre von "Robinson Crusoe" vorantreibt. Ein unerwarteter Gast bei Auroras Beerdigung spricht das lösende Wort: "Sie hatte eine Farm in Afrika, am Fuße des Monte Tabu."

Der gepflegte alte Herr ist eine zentrale Figur seiner Geschichte, in der das untergegangene Kolonial-Afrika in all seiner Fragwürdigkeit eine leidenschaftliche Affäre grundiert. Aurora war damals eine verwöhnte junge Frau, die von ihrem Mann ein kleines Krokodil als extravagantes Geschenk erhält. Doch das Reptil sucht lieber das Weite - bei Auroras Liebhaber, eben dem Erzähler als junger Draufgänger. Die beiden sind die letzten Weißen, zeit- und selbstvergessen, für die das Land nur exotische Kulisse ist. Die übrigen Weißen haben eine Miliz aufgestellt, seit von Aufständen und Massakern zu hören war.

In seinem hochatmosphärischen Spiel mit Licht und Schatten (Kamera: Ruy Poças) wirkt der Film wie aus einer eigentümlichen Vorzeit (vor dem Befreiungskrieg Mosambiks gegen die Portugiesen). Er ist ein so frivoles wie erinnerungsgesättigtes Gegenstück zu Claire Denis' hartem Blick auf das "White Material".

Verbindet die Blindheit des Verlangens mit einer Naivität, die selbstzerstörerisch wird.

Tabu - Eine Geschichte von Liebe und Schuld