Shoplifters - Familienbande
Shoplifters - Familienbande
Japanisches Drama um eine Gauner-Familie, die ein verwahrlostes Mädchen aufnimmt. Ein Vorfall bedroht jedoch das neue Glück.
Guckt jemand? Nein. Also dann: Daumen drehen, mit der Handfläche die Nase reiben – und ab mit dem Diebesgut in den Rucksack. Die ritualisierten Bewegungen, mit denen Shota seine Diebstähle einleitet, wirken, als beschwörte er das Glück herauf. Der Junge hat das Stehlen von seinem Vater gelernt – oder zumindest von dem Mann, der Vater genannt werden will.
Auf dem Heimweg entdecken die beiden ein kleines Mädchen, das sich auf einem Balkon versteckt – oder von seinen Eltern dort vergessen wurde. Kurzerhand nehmen sie es mit nach Hause. Dieses Zuhause ist unordentlich, die Zimmer sind vollgestopft, in dem Häuschen leben zusammengedrängt fünf Menschen: Da sind Osamu und Shota, eine Frau namens Nobuyo, die deutlich jüngere Aki und Großmutter Hatsue (die kürzlich verstorbene Kiki Kirin).
Wer wie oder überhaupt mit einander verwandt ist in dieser seltsamen Familie, das lässt sich so leicht nicht sagen. Überhaupt ist es ein recht suspekter Haufen, der hier ohne große Streitereien bestens miteinander auszukommen scheint. Mit ihren Diebestouren, ihrer Faulheit und ihren zwielichtigen Jobs ähneln sie mehr einer Bande denn einer Familie. Kann man solchen Leuten trauen?
Der japanische Regisseur Hirokazu Kore-Eda hat sich schon in früheren Filmen mit dem Thema Familie auseinandergesetzt. Für „Shoplifters – Familienbande“ erhielt er in Cannes die Goldene Palme. Seine sechs Protagonisten verbindet die Angst vor der Einsamkeit. Sie sind auf der Suche nach einem Zuhause, sehnen sich danach, im Arm gehalten zu werden oder jemanden in die Arme zu schließen. „Vielleicht ist es besser, sich die Familie auszusuchen“, sagt Nobuyo in einem besonders glücklichen Moment. „Man darf nur nicht zu große Erwartungen haben“, erwidert die Oma.
Freilich ist es naiv anzunehmen, dass es abseits der Gesellschaft automatisch mehr Liebe gibt. Zunächst scheint es, als ob Kore-Eda diesem Irrtum aufsitzt. Doch ein Vorfall rückt alles in ein neues Licht. Sind sie alle so selbstlos und herzensgut? Oder geht es letztlich doch nur ums Geld?
Erzählt unaufgeregt und mit präzisem Blick von der Suche nach Zugehörigkeit und von einem zerbrechlichen Zuhause.