Porträt einer jungen Frau in Flammen

Porträt einer jungen Frau in Flammen

In Nordfrankreich Ende des 18. Jahrhunderts rebelliert eine junge Frau gegen die arrangierte Ehe. Ihrer Porträtmalerin kommt sie unterdessen immer näher.

06.11.2019

Von Dorothee Hermann

Aus dem gewohnten Ablauf der Dinge herausgehoben: So fühlt sich die Geschichte der Malerin Marianne (Noémie Merlant) und der jungen Adligen (Adèle Haenel als Héloïse) an, die sie porträtieren soll. Ein schlichtes, aber robustes Ruderboot bringt die Künstlerin zum Ort ihres Auftrags, eine Insel vor der bretonischen Küste. Die holprige Überfahrt markiert den Abstand von der sonstigen Welt.

Wie Marianne die Insel erreicht, ist eher ein Stranden als ein Ankommen. Sie weiß nicht, was sie erwartet, und ist zunächst merkwürdig auf sich gestellt – als würde die Etikette gegenüber Gästen ihr gegenüber nur bedingt gelten.

Für ihren Auftrag hat sie genau sieben Tage Zeit. Dann läuft das Prozedere für die arrangierte Ehe weiter, die Héloïse eingehen soll. Deren Porträt hat der von ihrer Mutter (Valeria Golino als geschmeidige, aber eiserne Vollstreckerin der Konvention) anvisierte Bräutigam zur Bedingung gemacht: als Nachweis der Attraktivität der Heiratskandidatin. Diese verweigert sich: Sie möchte sich nicht malen lassen. Doch Marianne ist entschlossen, diesen Akt des Widerstands zu unterlaufen: Sie wird Héloise bei Strandspaziergängen begleiten und deren Gesichtszüge und Gestalt anschließend auf die Leinwand bringen, aus der Erinnerung, so gut sie es vermag.

Als der raffinierte Plan auffliegt, interessieren sich die beiden Frauen trotz allem, was sie trennt, schon so sehr füreinander, dass die Künstlerin mit ihrem Auftrag fortfahren kann. So rückt die französische Regisseurin Céline Sciamma („Tomboy“) die Beziehung zwischen Malerin und Modell, die aus mehreren Gründen keine Zukunft haben kann, ins Zentrum. Die Mutter von Héloise ist abgereist und gewährt damit der Tochter wie der angeheuerten Malerin einen Raum der Freiheit von sozialen und von Geschlechterkonventionen.

Abwechselnd sind die Weite des von Felsbrocken durchsetzten Strandes, die herrschaftlichen Innenräume, aber auch die rustikale Küche der Rahmen für die wachsende Intimität der beiden Frauen. Doch das Malen mit der Kamera (Claire Mathon), sei es großes Landschaftspanorama oder Kabinettstück vor knisterndem Feuer, hält sich an die Konventionen der damaligen Malerei, während es doch verdeckte Traditionen ans Licht holen möchte: das weibliche Kunstschaffen und das lesbische Begehren.

Exqusites Filmgemälde, das jedoch einiges Gespür für die Verquickungen von Sehnsucht und Verzicht erfordert.

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