Monos - Zwischen Himmel und Hölle

Monos - Zwischen Himmel und Hölle

Eine Teenager-Kampftruppe irgendwo in Lateinamerika in einer abgelegenen Bergregion: eine erbarmungslose, surreale Szenerie zwischen Krieg, Chaos und Frieden.

09.06.2020

Von Verleihinfo

Monos - Zwischen Himmel und Hölle

Schlumpf, Lady, Bigfoot oder Rambo nennen sie sich. Acht Teenager balgen in karger, felsiger Landschaft, tragen Wettkämpfe aus, sie wachsen zu einer verschworenen Gemeinschaft zusammen und probieren sich in der Liebe aus: Was zu Beginn des Films wie ein düsteres Ferienlager für Schwererziehbare im kolumbianischen Hochland anmutet, entpuppt sich bald als Horrortrip hoch über den Wolken. Die Jugendlichen sind die Nachwuchseinheit einer Guerilla-Organisation. Sie wird zwar im Film nicht benannt, ist aber nicht nur wegen des Orts der Handlung unschwer als FARC (kolumbianische Rebellenorganisation) zu erkennen.

Ihr Ausbilder beauftragt die Truppe, auf eine gespendete Milchkuh aufzupassen. Als diese zu Tode kommt, bringt sich der Anführer der Jugendbande um, aus Angst vor der Bestrafung durch die Organisation. Hieraus entwickelt der ecuadorianisch-kolumbianische Regisseur Alejandro Landes die Geschichte eines nicht enden wollenden Alptraums, in dem alle Beteiligten immer tiefer in einen Strudel aus seelischer und körperlicher Brutalität gezogen werden. Täter und Opfer sind bald nicht mehr zu unterscheiden, die Grausamkeit des Bürgerkriegs entmenschlicht alle, die mit ihm in Berührung kommen.

Dass die Guerilla einst als Freiheitsbewegung begonnen haben mag, spielt längst keine Rolle mehr. Es geht nur noch um das blanke Überleben in autoritären Machtstrukturen, darum, die eigene Haut ohne Rücksicht auf andere zu retten. Starke Bilder von Andengipfeln, Regenwald und Stromschnellen kontrastieren die menschliche Hölle, in der die Heranwachsenden als Getriebene und Täter zugleich ihrer Jugend beraubt werden.

Nur beim ausgelassenen Toben im Fluss können sie für kurze Momente Kinder sein. In ihren Träumen sind sie Tänzerin in einer Fernsehshow oder Sportstar, in der Realität überfallen oder entführen sie andere Menschen, schießen auf ihre Verfolger vom Militär und verraten sich gegenseitig. Ein aufgespießter Schweinekopf ist nicht der einzige Anklang an „Herr der Fliegen“. Immer fiebriger wird die vergebliche Suche nach Auswegen auch in diesem Film, befeuert von Musik der Britin Mica Levi und einem überzeugenden Sounddesign der Kubanerin Lena Esquenazi.

Eine bisweilen schmerzliche Intensität erzeugen auch die durchweg herausragenden schauspielerischen Leistungen, obwohl nahezu alle Rollen mit jungen Laiendarstellern besetzt wurden. Die Hintergründe der Figuren bleiben vage, dennoch entwickeln sie im Laufe des Films einen immer stärker werdenden emotionalen Tiefgang. Antikriegsfilm, Thriller, Coming-of-Age-Drama einer verlorenen Generation: „Monos“ ist alles zugleich und dabei verstörend dystopisch.

Bildmächtige und von schauspielerischer Wucht getragene Einblicke in menschliche Abgründe.

Monos - Zwischen Himmel und Hölle

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Erstellt:
09.06.2020, 00:01 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 13sec
zuletzt aktualisiert: 09.06.2020, 00:01 Uhr

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