Marlina - Die Mörderin in vier Akten

Marlina - Die Mörderin in vier Akten

Außergewöhnlicher indonesischer Rache-Western um eine junge entschlossene Witwe, die nichts mehr zu verlieren hat.

24.02.2018

Von Dorothee Hermann

Die Witwe Marlina (herausragend: Marsha Timothy) lebt in einem einfachen Haus auf der abgelegenen indonesischen Insel Sumba. Ihr verstorbener Mann ist noch als leibhaftiges Erinnerungsstück zugegen. Er hockt als Mumie zusammengekauert in der Ecke des Zimmers. Bis die Männer der Umgebung versuchen werden, Marlina und ihren kleinen Viehbestand unter sich aufzuteilen, ist nur eine Frage der Zeit.

Die indonesische Filmemacherin Mouly Surya konzentriert sich in ihrem erstaunlichen Mix aus Psychothriller, Rache-Western und Roadmovie vor allem auf die Sicht der Frauen und erweist sich mit diesem feministisch inspirierten Kunstgriff als begnadete Genre-Erneuerin.

Der erste Eindringling tut so, als wäre er ein gewöhnlicher Besucher und besteht auf sein Gastrecht, während doch jedes Wort und jeder Blick bereits bedrohlich aufgeladen sind – wie es ein Geschlechterverhältnis vorgibt, das der männlichen Dominanz verpflichtet ist. Er kündigt weitere Kumpane an, die allesamt Marlina vergewaltigen wollen.

Zuvor soll sie den Eindringlingen ein Essen kochen, und ausgerechnet diese zusätzliche Demütigung, der Verweis an den Herd, weist ihr einen Ausweg.

In der Folge sucht Marlina selbst die Hilfe des Gesetzes, weshalb sie fortan mit einem abgeschlagenen Männerkopf unter dem Arm durch das weite Grasland zieht. In der steppenähnlichen Landschaft kommt das eindrucksvolle Breitwandformat besonders gut zur Geltung. Die Kamera (Yunus Pasolang) versteht es auch meisterlich, mit Licht, Schatten und Halblicht zu malen, während Marlina die kalte Entschlossenheit eines Menschen ausstrahlt, der nichts mehr zu verlieren hat.

Das uralte Bildmotiv der Frau, die einen mächtigen Gegner enthauptet (Judith und Holofernes, Salome, Samson und Delilah) wird zum grotesken Detail travestiert: In dem Bus, den Marlina bestiegen hat, um zur Polizeiwache zu gelangen, schlägt die grausige Trophäe die männlichen Fahrgäste in die Flucht, während Frauen ungerührt weiter zusteigen.

Am Ende ist nichts gelöst. Nur die weibliche Hand, die die Machete führt, kommt nun aus der nächsten Generation.