Leid und Herrlichkeit

Leid und Herrlichkeit

Pedro Almodóvar lässt einen gefeierten spanischen Regisseur einen Rückblick auf ein ereignisreiches Leben werfen.

23.07.2019

Von Verleihinfo

Ein Mann sitzt auf einem Stuhl. Unter Wasser. Allein in einem Swimmingpool. Eine Narbe zieht sich entlang seiner Wirbelsäule. Ein kleiner Junge hockt am Ufer. Seine Mutter und die anderen Frauen des Dorfes waschen im Fluss die Wäsche. Im Wasser liegt ein Stück Seife, das kleine Fische anlockt. Während die Frauen in der gleißenden Sonne die weißen Laken zum Trocknen ausbreiten, stimmen sie ein Lied an. In den Augen des Jungen, der das Treiben wie hypnotisiert beobachtet, wird aus der schweißtreibenden Arbeit ein faszinierendes Schauspiel.

Die beiden Eingangsszenen fließen geradezu ineinander und verweben die beiden Zeitebenen, die sich durch den gesamten Film ziehen werden. Der große Pedro Almodóvar blickt damit auf sein eigenes Leben zurück.

In „Leid und Herrlichkeit“ lässt der 69-Jährige einen gefeierten spanischen Regisseur namens Salvador Mallo einen leidgeplagten Blick zurück werfen. Der ergraute Künstler (Antonio Banderas) strahlt stillen Schmerz und eine herzergreifende Traurigkeit aus. Eine Stimme aus dem Off zählt seine körperlichen Leiden auf – die Liste ist lang. Doch es scheinen vielmehr die Erinnerungen zu sein, die dem gealterten Regisseur zu schaffen machen.

Der Film ist gespickt mit Verweisen auf frühere Werke Almodóvars: Langjährige Weggefährten wie Antonio Banderas, Cecilia Roth und Penélope Cruz spielen zentrale Rollen. Aber auch Szenen wie eine Kindheitserinnerung an den Knabenchor lässt Parallelen zu früheren Filmen ziehen – in diesem Fall zu „La mala educación“, in dem es um den Missbrauch an einer Klosterschule ging. Doch in „Leid und Herrlichkeit“ geht es um andere Schmerzen: Es geht um Zerwürfnisse und Verluste, um die eine große Liebe, die viel zu lange her ist. Es geht um Heroin, das den Schmerz leichter erträglich macht, und um das wechselhafte Verhältnis zur Mutter.

Von der knallbunten Wohnung voller Kunstwerke bis hin zu den Kindheitserinnerungen: Almodóvar spielt mit Fakten, geradezu mit Details aus seiner Biografie, und lässt sie scheinbar spielerisch mit fiktiven Elementen verschmelzen. Nicht zuletzt ist dies eine Hommage ans Kino. Und die typische Bildsprache Almodóvars verwandelt den Schmerz des Regisseurs in poetische Bilder.

Die große Auflösung und Katharsis scheint ein Wiedersehen mit Federico (Leonardo Sbaraglia) zu bringen: Jeder Blick, jede sanfte Berührung zwischen den beiden Männern zeugt von der großen, immer noch glühenden Leidenschaft. Und der letzte Kuss? Es ist wohl der unvermeintliche Abschied, der für einen Neubeginn nötig ist.

Antonio Banderas ist grandios. Interessant ist die Geschichte vor allem als (Rück-) Spiegel für Almodóvars Leben.

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